Kapitel 13   

Geheimnisvoll

Benedikt und Ebru waren natürlich beim nächsten Bandentreff die Stars!

Benedikt erzählte gleich fünf Mal hintereinander, wie er mit Ebru das Versteck gefunden hatte. Und bei jedem Mal wurde die Sache aufregender und gefährlicher. Als er dann zum sechsten Mal damit anfangen wollte meinte Kiki doch, „lieber Benedikt, bei aller Anerkennung eurer super Leistung, muss ganz objektiv festgestellt werden, dass wir außer der Tatsache, dass es da irgendwo ein Versteck gibt, nichts Konkretes in der Hand haben, oder liege ich da falsch?“

„Was wir allerdings wieder einmal erkennen mussten“, fuhr sie fort, „ist die Tatsache, dass auch da wieder der Udo Seidler, in welcher Form auch immer, drinnen hängt. Eigentlich haben wir in dieser traurigen Geschichte noch nie etwas gefunden, wo der Udo nicht dabei ist“!

„Langsam“, sagte sie, „habe sie das Gefühl, dass es für den Udo wirklich eng werden könnte! Und zwar sehr eng“

Und an den Gesichtern ihrer Bandenmitglieder sah sie auch, dass ihr fast alle zustimmten, nur Simon und Vera glaubten nach wie vor an die Unschuld von Udo. Sie behaupteten immer wieder, dass der Udo da auf eine ganz miese Weise reingeritten wurde, egal wie viel blaue Einwickelpapiere man noch fand! Und da sie das immer wieder unbeirrt wiederholten, ließen die anderen sie in diesem Glauben! Warum auch nicht!

Schließlich gab es ja auch immer noch Menschen, die daran glaubten, dass die Erde eine Scheibe sei!

Wie es allerdings weitergehen sollte, wussten die beiden Unbeirrbaren auch nicht! Tatsache war, dass man mit dem leeren Versteck nicht viel anfangen konnte

„Vielleicht sollten wir es einfach über eine bestimmte Zeit beobachten“, schlug Lutz vor

„Ja, vielleicht wird es wieder verwendet nach dem nächsten Überfall auf den Wasa – Markt“, sagte Simon

„Na ja, darauf können wir ja hoffentlich noch recht lang warten und alt werden,“ unkte Klara.

„Warum denn so negativ, liebe Brüder und Schwestern im Herrn“, sagte Kiki plötzlich und grinste genauso aufreizend, wie ihr Papa manchmal, und den Spruch hatte sie auch von ihm!

„Wir sollten uns doch einmal überlegen, was alleine der Ort des Versteckes uns eigentlich sagt?“

„Ja was sagt er uns denn?“, frotzelte Lutz.

„Er sagt uns, dass vielleicht diese ganze Rennfahrermeute mit den Einbrüchen etwas zu tun haben könnte. Diesen Rasern und Krachmachern ist doch alles zuzutrauen, oder liege ich da falsch?“

„Und vielleicht hängt ja sogar der tolle Manfred Seidler in dieser Geschichte mit drinnen“, spekulierte die Bandenchefin weiter, da sie schon einmal so munter im Grübeln war.

Aber das ging den anderen nun doch zu weit!

Zu so einem hurtigen Gedankensprung sahen sie echt keine Veranlassung.

„Der Manfred hat doch das nicht notwendig, sich auf solche krummen Touren einzulassen“, sagte Lutz.

„Der ist doch schon viel zu berühmt, um so was zu tun“, versicherte Klara

„Der kriegt doch auch so alles was er will“, spöttelte Vera, die ein Klein-   wenig in den Manfred verliebt war, wenngleich sie das niemals zugegeben hätte.

Kiki musste all diesen Argumenten eigentlich zustimmen, ihr kam ihre Vermutung auch nicht mehr so super toll vor. Sie wollte das aber nicht so ohne weiteres zugeben und brachte daher plötzlich die Mechaniker und das Organisationspersonal ins Spiel. Die konnten doch zusätzliche Knete bestimmt gebrauchen.

Der gleichen Meinung war übrigens auch Karl Koblewski, als er die Geschichte von dem Versteck hörte. Bei den blauen Einwickelpapierchen hatte Kiki das Gefühl, dass er am liebsten gleich zur Sandbahn gesaust und sich alles angeschaut hätte, denn sein Gesicht begann sich eigenartig zu verändern. Und das, trotz der strengen Blicke von Susanne, die diese Veränderung nur allzu gut kannte und genau wusste, was sie zu bedeuten hatte.

Kiki hatte auch noch in den nächsten Tagen das Gefühl, dass bei ihrem Papa etwas in Bewegung geraten war. Obwohl er sich weiterhin nichts anmerken ließ kam er wesentlich öfter als früher auf Udo zu sprechen. Und immer machte er dabei so ein komisch schlaues Gesicht, als wäre das alles unheimlich lustig.

Andererseits war er wieder jede Nacht unterwegs.

Pünktlich um drei Uhr war Tagwache.

Ein kleiner Trost waren die wunderbaren milden Nächte. Karl Koblewski konnte sich nicht erinnern jemals im April derartiges erlebt zu haben. Auch die Luft war schon voll von diesen süßen Düften, von denen man nach dem endlosen Winter gar nicht genug in sich hineinsaugen konnte

Natürlich trieben die milden Nächte auch die Susl aus ihrer Behausung, Koblewski hatte sogar den Eindruck, dass sie nachts überhaupt nicht mehr daheim war, da sie ständig mit ihren Kötern um ihn herumschwirrte…

Koblewski hatte lange überlegt, ob er der Susl von dem neuen Versteck auf der Sandbahn erzählen sollte, schließlich wusste er nach wie vor nicht welche Rolle ihr in diesem bösen Spiel zukam.

Ihm fiel auch auf, dass sie zwar jeden Tag jetzt ein paar Worte miteinander redeten, dass sie aber nie nachfragte, was aus dem Schlüssel geworden war, den sie ihm übergeben hatte.

Aber über den Udo erzählte sie gerne: jede Belanglosigkeit in Udos Tagesablauf krächzte sie ihm vor.  Er wusste bald über jede Bewegung des Udo Seidlers Bescheid, und wenn Udo einmal das Essen nicht schmeckte, erfuhr er es auch am nächsten Tag!

„Am schwersten kommt der Udo mit dem Eingesperrt sein zu recht, sagte sie, „das wird von Tag zu Tag schlimmer. Immer öfter muss ich ihm auch was von seinen Eltern erzählen, obwohl ich da ja auch nichts weiß und natürlich von seinem Bruder. Meistens denke ich mir irgendetwas aus nur, dass er sich beruhigt! Der rennt ja sonst ununterbrochen im Zimmer auf und ab. Aber ich kann ihn ja nicht einmal in den Hof lassen, das ist viel zu gefährlich. die Scheiß Nachbarn zeigen ich doch sofort an, wenn sie ihn sehen…“.

Aber trotz aller Sorge und Angst, die die Susl um ihren Udo hatte, wie sie neuerdings immer sagte, konnte ihr Karl Koblewski die traurigen Tatsachen rund um den Schlüssel und das neue Versteck, sowie die immer tiefere Verstrickung von Udo in die bösen Diebereien nicht ersparen.

Und wie vermutet, wirkte diese Mitteilung wie ein Volltreffer! Koblewski merkte das an ihrer Reaktion.

Sie war echt sprachlos und rang mehrere Sekunden nach Luft. Ihr mächtiger Leib pendelte eine ganze Weile nach vor und zurück, wie ein angesägter Baum unmittelbar vor dem Niederbruch, so dass Koblewski schon die schlimmsten Befürchtungen hatte. Als er dann auch noch die Sandbahn als den Ort des Versteckes erwähnte, war es mit ihrer Beherrschung vorbei: die Susl explodierte wie eine Handgranate! Schimpfend und fauchend raste sie durch die Nacht davon.

„Saubande“, schrie sie, „hundselendige Saubande“! Verdammte Dreck-säcke! Wollen ihn kaputt machen diese Scheißer! Diese miesen Kreaturen!…….“ Und so weiter und so weiter!

Koblewski war verdutzt, so schimpfen hatte er selbst die Suffsusl noch nicht gehört. Sie war außer sich und hatte jede Kontrolle über sich verloren.

Dass sie den halben Ort mit ihrem Gebrüll aufweckte schien ihr nichts auszumachen. Sei schimpfte gnadenlos weiter und weiter. Auch ihre beiden Köter fingen zu kläffen an, so dass man fast geneigt war, an die wilde Jagd mit Hexen und Teufeln zu denken, wenn man sie so durch den nächtlichen Ort rasen sah.

Etwas verschreckt und durch das unerwartete Verhalten der Susl überrumpelt, versuchte Koblewski, so schnell und unauffällig wie möglich nach Hause zu kommen. Die laue Frühlingsnacht war ihm tüchtig vermasselt worden!

KH

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