Kapitel 11

Angemotzt

Erste Zweifel bezüglich seiner Hilfsaktion kamen Koblewski, als im Neubaugebiet ein Versteck entdeckt wurde, in dem sich Diebesgut aus dem Einbruch im Wasa – Markt befand!

Das Versteck war in einem der beiden riesigen Wohnblöcke aufgespürt worden, die nun schon bald seit fünf Jahren leer standen, da niemand in diese ausgehöhlten Betonklötze einziehen wollte. Zehn Stockwerke hoch, standen sie wie trutzig Ritterburgen in der Landschaft und die unzähligen Einfamilienhäuser ringsum wirkten wie ein Heer von verzweifelten Angreifern, die unentwegt aber erfolglos gegen dieses Bollwerk einer verfehlten Wohnungspolitik anrannten….

Ja und ausgerechnet in einer dieser Wohnungsburgen war das Versteck entdeckt worden. Sieben Stereoanlagen, zehn Fernsehgeräte, achtzehn Player und zwanzig Radios waren in einem Keller gefunden worden, aber auch nur deshalb, da sich ein Ehepaar, mittleren Alters, ausgerechnet für die Wohnung Nummer siebenundfünfzig im neunten Stockwerk interessierte, obwohl auch alle anderen zweiundsechzig Wohnungen noch zu haben gewesen waren. Die Überraschung war natürlich groß, als man den dazugehörigen Keller aufschloss, und ihn vollgestopft mit Elektroartikeln fand.

Verständlich, dass es nicht sehr lange dauerte, bis man den Zusammen -hang zwischen diesen Sachen und den Einbrüchen im Wasa – Markt hergestellt hatte.

Interessant war auch, dass es sich bei dem Fund nur um einen kleinen Teil der Diebesbeute handelte, alles andere war entweder in einem anderen Versteck oder schon an Hehler Banden verschoben worden, wie Kommissar Färber bei einer ersten Ortsbegehung vermutete.

In der Kontra – Bande löste dieser überraschende Fund einiges Unbehagen aus, ja man war nahe daran sich gegenseitig einer gewissen Unfähigkeit zu bezichtigen, da man bei den verschiedenen Streifzügen schon des Öfteren in den beiden Wohnblöcken gewesen war, aber nie etwas bemerkt hatte.

Jedenfalls war klar, dass Kiki die Bandenchefin mit ein paar handverlesenen Kontra-Mitgliedern sofort nach Bekanntwerden dieser Sache einen Lokalaugenschein durchführen musste. Für sie und ihre Bande war es keine Schwierigkeit in den abgeschlossenen Wohnblock zu gelangen, da sie von den früheren Streifzügen wussten, dass immer eines der vielen Kellerfenster nur angelehnt und mit einem dünnen Draht fixiert war. Zum Glück war es im März um halb acht Uhr abends auch schon ausreichend dunkel, um so eine Aktion durchführen zu können ohne gesehen zu werden. Viel später hätte nämlich weder Kiki noch Lutz, noch Benedikt und schon gar nicht Vera von daheim noch weggedurft.

Nach einer kurzen internen Abstimmung stiegen Kiki und Lutz in den Keller ein und Benedikt und Vera passten draußen auf. Im wackeligen Licht der Taschenlampe erschien der große verwinkelte Keller wie ein weitverzweigtes Labyrinth. Man konnte sich aber an den durchnummerierten Kellerabteilen ganz gut orientieren. Der Keller Nummer siebenundfünfzig war als Versteck ideal, denn er lag so gut versteckt hinter dem Heizungskeller, dass man trotz der Nummern allergrößte Mühe hatte, ihn zu finden. Aber sonst gab es leider wenig zu entdecken oder aufzuspüren. Letztlich wusste Kiki dann auch nicht mehr genau, was sie sich eigentlich von diesem Lokalaugenschein versprochen hatte.

An sich war ja klar, dass die Elektroartikel abgeholt worden waren und der Keller wieder versperrt war. Tja und sonst gab’s auch nichts Geheimnisvolles zu sehen.

Etwas kleinlaut und enttäuscht traten Lutz und Kiki den Rückweg an. Schweigend wackelten sie mit ihren Taschenlampen, die einzelnen Kellernummern wieder zurück. Plötzlich blieb Lutz stehen, richtete den Lichtkegel seiner Taschenlampe etwas präziser in einen der vielen Winkel und fragte:

„Siehst du das auch, Kiki, was ich sehe?“

„Natürlich sehe ich das auch, du Blödmann“, jauchzte Kiki

„Das sind doch genau wieder diese blöden blauen Einwickelpapiere, um die du so ein Getue machst, oder?“, feixte Lutz.

Aber die Chefin war wie üblich in solchen Situationen nicht mehr ansprechbar. Sie schnüffelte wie das schon öfter erwähnte Trüffelschwein die verschiedenen Gänge rauf und runter und kam nach geraumer Zeit triumphierend mit fünfunddreißig Einwickelpapieren zurück. Mit einiger Phantasie ließ sich sogar eine durchgehende Spur vom Kellereingang bis zum Versteck rekonstruieren. Kiki geriet beinahe in Atemnot, als sie das feststellte, so aufgeregt war sie. Und natürlich erzählte sie jetzt Lutz, was es mit diesen blauen Papierchen auf sich hatte. und auch Benedikt und Vera, die draußen dazu stießen wurden in das Geheimnis eingeweiht. Alle drei mussten dann sicherheitshalber ihrer Chefin schwören kein Wort über die Sache – Udo daheim oder sonst wo auszuplaudern! Es galt die höchste Geheimhaltungsstufe!! Was bedeutete, dass auch innerhalb der Bande darüber nicht gesprochen werden durfte. Plaudern bedeutete den sofortigen Ausschluss aus der Bande, das war allen klar!

In Rodenbach hatte die Entdeckung des Versteckes die Stimmung wieder neu angeheizt. Die Menschen waren vor allem auf die Polizei verärgert, die nach Aussage von Kommissar Färber noch immer keinerlei heiße Spur hatte, weder von den Einbrechern noch von Udo! Aber für die Rodenbacher waren die beiden ohnehin identisch. Dabei wussten sie noch gar nichts von der Entdeckung der Kontra–Bande. Wahrscheinlich wär’ der Teufel los gewesen, wenn sie das spitzgekriegt hätten! Die Seidlers hätten sicher auch wieder schwer zu leiden gehabt, und der Karl Korn hätte bestimmt wieder vor Berta Seidler ausgespuckt. Vor dem alten Seidler selbst traute er sich das ja nicht, denn der hätte ihm eine gelangt, dass ihm der Schädel, wie nach einem Vollrausch gebrummt hätte.

Und Manfred war so wie so außen vor!

Noch dazu wo er in letzter Zeit wieder einen Sieg nach dem anderen feierte und das natürlich zur Freude des ganzen Ortes, ja der gesamten Region!

Manfred Seidler war bald nach Udos verschwinden auch aus Rodenbach verschwunden und nach H. zu seiner Freundin, der Annegret Weiß gezogen! In der Villa ihres Vaters, eines Rechtsanwaltes, war ja auch ausreichend Platz, da konnte ein aufstrebender Rennfahrer schon standesgemäß residieren.

Außerdem gab es auch einen riesigen Hof und mehrere Garagen und andere Gebäude, die wie geschaffen waren für Manfreds immer kostspieliger werdende Motorradbasteleien. Für Manfred war das ideal, bei Annegret wusste allerdings niemand so genau, wie glücklich sie wirklich mit ihrem schönen Manfred war! Aber getratscht wurde ja viel….

Karl Koblewski machte die Entdeckung der Kontra–Bande ganz schön zu schaffen und das nicht nur weil Kiki sich über sein ausdrückliches Verbot hinweggesetzt und in den Wohnblocks herumgeschnüffelt hatte, was Koblewski für nicht ungefährlich hielt, sondern auch, weil er immer mehr zweifelte, dass seine Entscheidung, Udo nicht anzuzeigen, richtig war! Denn Tatsache war, dass wann immer wieder irgendetwas rund um die Einbrüche aufgedeckt wurde, der liebe Udo mit von Partie war, egal ob einem das passte oder nicht!

Natürlich war es kaum zu glauben, dass  Udo das alles organisiert, transportiert und abgewickelt haben sollte. Aber andererseits war es ja auch er und nur er, den man bei einem Transport dieser gestohlenen Ware erwischt hatte. Und Verstecke geschickt anzulegen verstand er ja offensichtlich auch, das hatte Kiki und ihre Kumpane selbst bewiesen! Und wenn er die Verstecke angelegt hatte, dann musste er ja die Sachen auch von irgendwo herhaben.

„Schließlich wird er die Stereoanlagen nicht von den Bäumen gepflückt haben“, sagte Karl Koblewski.

„Von den Bäumen nicht“, sagte Kiki, die das gar nicht so witzig fand wie ihr Vater, „aber vielleicht von sonst woher!“

„Und von wo, wenn nicht vom Einbruch?“

„Das weiß ich auch nicht“, sagte Kiki schnippisch und verschwand in ihr Zimmer.

In seiner Not tat Karl Koblewski dann etwas, was er eigentlich unter allen Umständen vermeiden hatte wollen; er suchte Rat bei der Susl! Vielleicht wusste sie ja mehr.

Sie, die immer auftauchte, wenn man nur genügend lang in der Nacht umherging, schien ja manchmal ihre Augen und Ohren überall zu haben. Und letztlich konnte man sich ja auch kaum vorstellen, dass ihr irgendetwas entging was in Rodenbach nächtens passierte.

Sie zeigte sich auch in keiner Weise überrascht, als ihr Koblewski von dem neu entdeckten Versteck erzählte. Im Gegenteil, sie brummte wieder genauso unfreundlich herum wie früher.

Aber Koblewski ließ sich davon nicht einschüchtern: diesmal wusste er was er wollte.

„So kannst du mir nicht mehr kommen Susl sagte er, „nach all dem was ich für dich und Udo getan habe! Entweder du hilfst mir jetzt, oder ich kann für Udos Verbleiben bei dir nicht mehr garantieren, noch dazu, wo er ja bei dem neuen Versteck auch wieder mit drinnen hängt; verstehst du das?“

Aber die Suffsusl, stand nur da und glotzte blöd, genau wie früher, wenngleich sie nicht mehr so bestialisch stank. Genau genommen stank sie überhaupt nicht mehr. Und betrunken war sie auch nicht mehr! Seltsam!

Koblewski drohte noch einmal: „also, entweder du hilfst mir, oder der Udo ist geliefert, meine Geduld ist endgültig zu Ende!“

Die Suffsusl stampfte wie ein zorniges Kind etliche Male auf den Boden und blies gewaltig Luftmengen, wie bei Blähungen, aus ihren aufgeblähten Backen, ehe sie sich zu einer Festlegung bequemte.

„Gut ich helf’ dir! Aber nur, weil du es bist, Koblewski! Mit dem ganzen anderen Drecksäcken will ich nichts zu tun haben. Und ob deren Kaufhäuser ausgeraubt werden oder nicht, ist mir auch scheißegal! Mit diesen Halsabschneidern hab’ ich kein Mitleid. Und wenn ein Wachmann niedergeschlagen wird, dann ist das sein Berufsrisiko, dafür wird er ja bezahlt! Drum geht mir das auch voll am Arsch vorbei, Koblewski!“

„Auch eine Ansicht“, sagte Koblewski und hätte sich ohrfeigen können, dass er diesem Weib geholfen hatte. Aber er kannte sie ja auch anders.

„Und den Udo“, fuhr die Suffsusl trotzig fort, „spreche ich ganz bestimmt nicht auf dieses Scheißversteck in den Wohnblocks an; der wird mir nur misstrauisch und haut ab!“

„Das ist mir egal, ob du mit ihm redest oder nicht“, sagte Koblewski. Vielleicht kommen wir ja schon weiter, wenn du einmal gründlich seine Taschen durchsuchst?“

„Das mach ich nicht! Beim Udo nicht“, bellte sie zornig.

„Na jetzt hab’ dich nicht so, spiel mir bitte nicht so ein blödes Theater, ach wie bin ich gut, vor!“

„Was heißt Theater?“

„Du weißt schon was ich mein, stell dich nicht dümmer als du bist“

„Pfhhhh“

Susl, jetzt hör mir bitte einmal ganz genau zu, ich gebe dir exakt eine Woche Zeit, wenn du bis dahin nicht irgendetwas aus dem Udo raus gekitzelt hast, was uns weiterhilft, gehe ich zur Polizei! Ist das klar!

Koblewski sagte das so zornig, dass auch die Suffsusl verstand, dass das Ende der Fahnenstange erreicht war

KH

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