POSITIV oder NEGATIV

Die Gesellschaft und vor allem die Politik scheint mir im digitalen Rausch.

Was bedeutet „digital“? Was ist das Gegenteil von „digital“? Für mich sind die Basis des „Digitalen“ die NULL und die EINS. Angefangen hat es in meinem Leben mit POSTIV und NEGATIV. Als junger Fotograph.

In der Logik und Informatik habe ich dann ganz früh die Bedeutung von TRUE und FALSE erlernt. In der Physik ging es um die Ladung der kleinsten Teile. In der Ethik haben wir den „binären Code“ gelernt, der sich bei uns im Denken fest- und durchgesetzt hat.

Denken und binäre Logik haben mich schon immer fasziniert. Ich finde, das gehört alles zusammen und habe mein Leben lang Gedanken dazu gesammelt.

Hier was mich da so beeindruckt.

Beschäftigen wir uns mit dieser binären Welt, lernen wir schnell wie Systeme umkippen können und wie nah Biophilie und Faschismus, Freude und Verzweiflung, Liebe und Hass beinander liegen. Und wie schwer es ist, Menschen und Gesellschaften zu bewerten und beurteilen. Und dass man deshalb vom Verurteilen immer die Finger lassen sollte.

Was ist richtig oder falsch, wer ist gut schlecht schlecht, fleißig oder faul? Kann man das so einfach festlegen? Oder liegt das im Gegenteil nicht immer ganz eng beieinander? Wie leicht ändert sich eine Bewertung in Gegenteil, nur weil man eine Betrachtung oder einen Standpunkt ein wenig verändert? Und wie schwer bis unmöglich ist es, eine redliche Bewertung und Einordnung zu finden?

Ich möchte damit die Ambivalenz des Menschen und unserer (nicht nur europäischen) Geschichte und sozialen Entwickeln an meinem eignem Erleben und Erlernen der Begriffe NEGATIV und POSITIV zeigen.

Das Gegenteil von digital ist analog.

Die Technik hat lange Zeit mit analogen Steuerungen und Lösungen auskommen müsse. Ein tolles Beispiel ist der Spline. Der Zimmermann hat schöne und zweckmäßige Kurven mit biegsamen Holz konstruiert. Die Bremse wurde analog geregelt, sogar die in den Verbrennungsmotor einzuspritzende Verbrennungsmenge wurde mechanisch-analog gesteuert.

Dann kam der Siegeszug der Digitalisierung. Im Kraftfahrzeug war das ABS-System ABS AntiBlockierSystem) die erste digitale Anwendung. In der Technik wird scheinbar alles digital, anders als in der Natur.

Natur ist analog.

Wir erfreuen uns an unserem Körper. Der scheint analog zu funktionieren. Unser Gehirn ist Teil des Körpers. Wahrscheinlich arbeitet es elektrisch, aber auch analog. Deshalb dürfte es auch so überragend leistungsfähig sein.

In der Natur finden ich keinen Kreis und auch keine Kugel. Keine Zahl π. Keine Gerade. Das alles sind nur mathematische Konstrukte, die wir in eine

IT und Software basieren auf binärem Denken.

Durch und durch determiniert. Abzählbar und endlich. Gibt es in der Natur auch nicht.

Negativ und Positiv kenne ich von der analogen Photographie

1960 kam ich ins Gymnasium. Es war eine neue und spannende Welt. Und es gab Wahlfächer und freiwillige Arbeitsgruppen, an denen man teilnehmen konnte. Mich hatten damals die „Theatergruppe“ und die „Fotogruppe“ angezogen.

Besonders das Thema Foto (damals noch Photo) hatte es mir angetan. Damals war eine digitale Fotografie nur theoretisch vorstellbar. Die Herausforderung war die Auflösung. Mit Spezialfilmen, -Papier und -chemikalien (und ein paar Tricks) kamen wir damals schon ganz schon weit. Soweit digital zu kommen, war noch Jahrzehnte später unvorstellbar.

Das Filmformat war 6×9 cm pro Negativ. Das war der Standard. Din Film hatte 12 Bilder. Sparsame Fotografen verdoppelten die Anzahl, in dem sie die belichtete Fläche mit einer Maske halbierten. Den dünnen Metallahmen gab es als serienmäßiges Zubehör und machte aus 6 x 9 cm ein Foramt von 6 x 4,5 cm. So wurde die Kapazität eines Filmes von 12 auf 24 Bilder vergrößert. Das war schon wichtig, den ein Film war deutlich teuerer als eine Schachtel Zigaretten, die in der übliches Verpackung 12 Zigaretten enthielt. Besonders wenn es ein Spezialfilm mit hoher Empfindlichkeit und/oder Auflösung war.

Das „Negativmaterial“ wurde dann auch billiger. Vom Film wurde ein 24 mm – breiter Film verwendet und das Bildformat auf 24 x 36 mm festgelegt. So hatte ein Film, der sogar billiger war, 36 Bilder. Und der Sparfuchs hat eine kleine Knips-Kamera aus der DDR besorgt, die das Format auf 24 x 18 mm reduzierte. Das gab 72 Bilder auf einem Film – und war sensationell.

Am Anfang haben wir nur Schwarz-Weiß fotografiert

Sehr früh habe ich für mich etwas herausragendes entdeckt. Dazu muss ich an den Prozess der Herstellung analoger Bilder erinnern.

Der belichtete Film wurde im Dunkeln entwickelt. Dazu musste der belichtete Film im Dunkeln mit Entwicklungsflüssigkeit zu konstanten Bedingungen gut gespült werden. Dazu nutzte man eine Box, in die der Film eingefädelt wurde. Dabei durfte der Film mit NULL Licht in Kontakt kommen. Wie haben das in der Dunkelkammer und daheim meistens im verdunkelten Schlafzimmer gemacht. Sicherheitshalber bei geschlossenen Rolläden und Vorhängen unter der dicken Bettdecke.

Wenn der Film entwickelt wurde, musste er – auch noch in der Box – von der Entwicklungsflüssigkeit gründlich gereinigt und fixiert werden. Und wenn man sauber gearbeitet hatte, bekam man das NEGATIV, das dann auch eine zeitlang hielt.

Und dann hat man in der Dunkelkammer das Fotopapier belichtet. Das war auch sehr wertvoll. Was mich sehr beeindruckte, dass mein Verstand auch mit Übung die Motive auf dem NEGATIV nicht erkennen konnte. Das was das Gehirn auf dem POSITIV innerhalb eines Wimpernschlags erkannte, war ihm auf dem NEGATIV nur mit viel ÜBUNG und Konzentration erkennbar.

Also: Das Gehirn kann das POSITIV leicht erkennnen, das NEGATIV – das ja nur eine Spiegeltransformation ist, bleibt ihm verschlossen. Bei der Farbfotografie später war das noch schlimmer.

Und dann kam Aids.

Es war am Anfang nur eine kleine Notiz in der Süddeutschen. Eine neue Krankheit wäre von affenähnlichen Katzentieren in Afrika auf die Menschen übersprungen. Diese neue und sehr bedrohliche Krankheit würde das menschliche Immun-System nachhaltig zerstören. Eine Portion Moral war auch dabei. Diese Krankheit würde vor allem Homosexuelle befallen und würde nur in New York relevant vorkommen.

Und da war er wieder da, der Begriff positiv und negativ.

Und die folgenden Jahre häuften sich die Meldungen, dass der eine oder andere Prominente oder auch Nichtprominente einen positiven Aids-Test hatte. Diese Meldungen verwirrten mich zu Beginn. Denn ein positiver Test war offensichtlich schlecht. Gesund war man, wenn man negativ getestet wurde. Zu Beginn dachte ich doch, dass ein positiver Test wünschenswert ist. Und habe dann begriffen, dass der positive Test einem Todesurteil gleich kam.

Der binäre Code der Ethik

Ab zirka meinem 30. Lebensjahr habe ich mich mit Ethik beschäftigt. Ich GING auf „persönlicheitsförderende Seminare“, weil ich ein guter Manager und Unternehmer werden wollte. Und bin da auch wieder der Unterscheidung zwischen RICHTIG und FALSCH begegnet. Im Laufe meines Lebens habe ich gelernt, dass wir unser ganzes Verhalten und unserer eindeutig in solche Kategorien bewerten. Es geht immer um positiv oder negativ. Um schwarz–weiß und „Entweder Oder“.

GUT oder BÖSE
DUMM oder SCHLAU
GUT oder SCHLECHT
WAHR oder FALSCH
FAUL oder FLEIßIG
SCHLAU oder DUMM
BEGABT oder UNBEGABT
ARM und REICH
SCHÖN oder HÄßLICH
VERLIEREN oder GEWINNEN
OBEN und UNTEN
LEBENDIG und TOT

… Diese Aufreihung könnte ich beliebig fortsetzen. Und mir schauert wenn ich sie betrachte. Du bist immer entweder oder. Dass es auch ein „sowohl als auch“ gibt, wird vergessen.

Die Politik redet von
„den Vernünftigen, die vor den Unvernünftigen geschützt werden müssen“ !
Ich meine dann, dass man es lieber andersrum machen müsste.

Ist natürlich auch Blödsinn, weil die Unterscheidung in VERNÜNFTIGE und UNVERNÜNFTIGE (Menschen) an sich schon eine anmaßende Unverschämtheit ist.


Ich meine, Leben ist nicht digital. Und es darf und kann auch nicht digital gemacht werden.


Dazu habe ich auch ein paar Gedanken in meinem Artikel Der Tod ist Teil des Lebens.

RMD

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