„Jeder ist seines Clickes Schmied“ oder „Netzkritik in der SZ“

In der Süddeutschen vom 28./29 August 2010 unter ESSAY auf der Seite V2/3 lese ich einen Artikel von Norbert Bolz:

Jeder ist seines Clickes Schmied!
Warum uns mit der Privatheit in der Internet-Gesellschaft auch die bürgerliche Freiheit abhanden kommt.

Auf so etwas stürze ich mich natürlich und lese diesen Artikel. Allein schon das schöne Wortspiel mit „seines Glückes Schmied“.

Und bin entsetzt. Ich finde nur intellektuelles Geblödel. Nach der Lektüre des Artikels weiß ich noch weniger als vorher, was denn Privatheit ist (in Wikipedia steht der Begriff übrigens auch nicht, man findet ihn aber indirekt unter privat).

Im Artikel finde ich dagegen Schlüsse, wie dass der Verlust der Privatheit die bürgerliche Freiheit bedroht oder dass Ein Angriff auf den Geheimniszustand stattfindet, der wiederum für die bürgerliche Privatsphäre wesentlich wäre. Oder dass Aus Bürokratie Software wird, die unser Verhalten kontrolliert.

Auch fehlen die so oft gehörten und kritischen Aussagen zum Neuromarketing nicht, wie Amazon es betreiben würde.

So besteht der ganze Artikel nur aus einer Aneinanderreihung von nebulösen Spekulationen und unverständlichen Gemeinplätzen, die in ihrer Gesamtheit sehr wirr vor einer Bedrohung warnen. Diese wird aber im ganzen Artikel nirgendwo konkretisiert.

Es ist ein wilder Mix von technischen Details (Cookies!), Zitaten, Begriffen wie Kultur des allgegenwärtigen Computierens, im Zeitalter der digitalen Utilarismus, Superconnectors, die die digitale Welt zusammen halten, das Problem der Gleichgesinnten in den digitalen Echokammern und grandiosen Sätzen wie So wandelt sich das bürgerliche Individuum in den ständig und infinitesimal Überwachten.

Das klingt doch gut: Infinitesimal überwacht! Aus solche Ideen muss man erst mal kommen. So ist der ganze Text sehr eloquent und wichtig klingend formuliert und wird von einer gefälligen, nach Effekt heischenden Graphik unterstützt. Diese ist aber in ihrer Aussage (wenn sie denn eine hat) noch wirrer als der Artikel ist (wenn das denn möglich).

Insgesamt ein Artikel nach dem Strickmuster:
Sei gegen etwas etwas, vor dem den Menschen unheimlich ist. Verwende viele Begriffe und Metaphern, die gut klingen. Zitiere wild durch die Gegend. Und warne vor allem vor möglichen Gefahren, die Du aber gar nicht konkretisieren kannst …

Und wer vom Internet etwas zu verstehen meint und auch noch ein wenig geradeaus denken kann, der darf sich den Artikel gerne mal zu Gemüte führen. Aber Vorsicht – es tut weh! Man muss soviel Blödsinn wirklich aushalten können. Habe den Artikel aber nicht im Internet gefunden, sonst hätte ich ihn natürlich verlinkt. Aber vielleicht hat ja noch jemand die SZ vom Wochenende zu Hause und einen Scanner zur Hand.

Vielleicht habe ich ja alles nur nicht verstanden. Werde mir aber jetzt nicht nur mehr Gedanken über meine Privatheit machen, sondern diese auch regelmäßig veröffentlichen.

RMD

P.S.
Norbert Bolz ist übrigens Medien- und Kommunikationstheoretiker und lehrt an der TU Berlin …

P.S.1
Habe übrigens noch eine zweite Kritik zum Artikel im Internet gefunden: Link

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