Start-up (6) – Gründer brauchen Ziele?

Kolumbus hatte ein Ziel. Und ein modernes Wissen. Er ging mal mutig davon aus, dass die Erde eine Kugel ist. So schloss er messerscharf, dass es auch einen Weg auf dem Wasserweg in Richtung Westen nach Indien geben müsse. Das wäre ein großer Vorteil gewesen, denn das lästige und zeitaufwändige Umfahren Afrikas hätte man sich dann einsparen können.

🙂 Den Suez-Kanal gab es ja damals noch nicht.

Dann hat er aber Amerika entdeckt und folgerichtig die neu entdeckten Menschen Indianer genannt.

🙂 Den Panama-Kanal gab es damals aber auch noch nicht und so war der Weg nach Indien über das neue Amerika noch weiter gewesen.

Kolumbus hat sein Ziel weit verfehlt …

Und ist trotzdem ein berühmter Mann geworden. Manche sagen, er hat die Welt verändert. Das glaube ich nicht, sicher wäre nur ein paar Jahre später ein anderer Seefahrer auf dieselbe Idee gekommen und hätte dann auch diesen neuen Kontinent „entdeckt“. Aber vielleicht hätte der andere Entdecker seinen Irrtum ein wenig früher erkannt und die Indianer hießen dann vielleicht nicht Indianer.

Das Ziel eines Unternehmers muss heißen Geschäft zu entwickeln. Aber was ist das für ein schwaches Ziel, denn es ist doch eher eine Selbstverständlichkeit. Mir klingt das genauso banal wie „Jeder Mensch muss als Ziel haben, genug Nahrung zu bekommen!“.

Ich meine, man muss den Begriff „Ziel“ genau betrachten und darf nicht zu leichtfertig Ziele festlegen. Dazu habe ich mal in meinem Unternehmertagebuch eine Polemik geschrieben, die über „starke“ und „gesunde“ Ziele zu „flexiblen“ Zielen führt. Und muss den Begriff des „Zieles“ sauber differenzieren von anderen Begriffen wie dem Begriff des „Vorsatzes“ oder des „Erfolgs“.

Wenn ich mir zum Beispiel als „Ziel“ vornehme, die nächsten drei Tage aufgrund meines Arbeitsrückstandes nicht bis 18:00 sondern bis 20:00 zu arbeiten, dann ist das kein Ziel, sondern ein (vielleicht löblicher) Vorsatz.

Und gerade im Unternehmerischen entdecke ich laufend Ziele wie „wir wollen nächstes Jahr eine Million mehr Umsatz machen“, die ich als Vorsatz und nicht als Ziel bezeichne. Und zwischen sich „etwas vornehmen“ und sich „etwas als Ziel setzen“ ist schon sprachlich ein gewaltiger Unterschied. Vielleicht schafft dieser Hinweis schon ein wenig mehr Ernüchterung beim (oft sehr rhetorischem) Verkünden von Zielen.

„Wir wollen erfolgreich sein!“ – das mag ja als Ziel gut klingen. Aber auch das ist natürlich kein Ziel. Damit meine ich nicht die Banalität der Aussage. „Erfolg“ ist vielmehr etwas ganz individuelles. Also muss man sich selber erstmal klar machen, was denn tatsächlich die eigenen und wohl sehr individuellen Erfolgskriterien sind. Und warum einem diese so wichtig sind. Und wie man im Team eine Gemeinsamkeit findet. Als Ziel könnte man dann – einzeln wie im Team – festlegen, dass keines der formulierten Erfolgskriterien vernachlässigt wird und man gemeinsam die Kriterien in der Summe vielleicht im Schnitt zu 80 % erreichen will.

Jetzt wende ich mich den profanen Zielen zu. Ein beliebtes Ziel, das Unternehmensführern gerne formulieren, findet sich in der Losung: „Wir wollen Marktführer (am liebsten weltweit) werden“. Oder: „Wir schaffen ein USP (unique selling preposition)“. Weil wir davaon ausgehen, dass dieses uns wie von selbst durch die Märkte tragen wird.

Jetzt ändert sich der Markt aber fortwährend in hohem Tempo. Und wie kann in einem hochdynamischen System ein statisches USP von Bestand sein kann? Wie soll ich mein Ziel beschreiben und Kriterien festlegen, an denen ich meine Zielerreichung messen kann, wenn sich das Koordinatensystem des Marktes dauernd verändert? Und mein Produkt und Unternehmen immer sich an dieser permanenten Veränderung orientieren muss? So gesehen können Ziele sich leicht gegen einen selber wenden und massiv schädlich werden.

„Gesunde Ziele“ sind also zwangsläufig immer „Flexible Ziele“. Aber wie soll man das einem gestandenen Manager erklären, der sich nur an Fakten, Plänen und numerischen Vorgaben klammert?

Um nicht falsch verstanden zu werden:
Ich bin sogar absolut für solch extreme Zielsetzungen wie „Marktführer werden“ oder „USP entwickeln“. Nur sind die Märkte wie die USPs sehr dynamisch, die richtigen und dann konstruktiven Ziele müssen sich also dauernd wie die umgebenden Umgebungen verändern. Wir kommen zu den sogenannten „moving targets“.

So kann ein Ziel nur dann konstruktiv wirken, wenn das Ziel – wie die der Zielsetzung zugrunde gelegten Annahmen – laufend überprüft und permanent an die dauernd stattfindende Veränderung unserer Welt angepasst werden. Diese Herausforderungen mit Instrumenten und Werkzeugen in den Griff zu kriegen, erscheint mir sehr schwierig. Zu schnell kommt man in die Situation des armen Hasen aus dem Märchen „Hase und Igel“.

Vielleicht müssen wir wieder die „unternehmerische Intuition“ beschwören. Sicher auch ein gefährlicher Weg, aber wahrscheinlich nicht der schlechtere.

Und einem selber muss klar sein, dass selbst wenn man punktgenau das vorgegebene Ziel erreicht, dass dies noch lange kein Erfolg sein wird. Weil die Ergebnisse der Zielerreichung wahrscheinlich nicht mehr so optimal sind, wie man sie zum Zeitpunkt der Festlegung des Zieles angenommen hatte. So wird die Zielerreichung viel weniger Wert haben, als man sich das vorher ausgemalt hatte.

Im schlimmsten Fall kann das Erreichen des sich vorgenommenen Zieles sogar schädlich bis tödlich sein. Weil sich die Umwelt komplett gewandelt hat. Es gibt viele Beispiele von Unternehmen, die ihre großen Ziele erreicht hatten und kurz darauf am Ende waren. Einfach mal Nachdenken!

Ich beende diesen Beitrag mal wieder mit einem sicher sehr angreifbaren Vergleich:

„Unternehmerische Leben“ kann man wie einen Segeltörn (Meilentörn) begreifen. Man lenkt gemeinsam mit vielen ein Schiff, das am Winde kreuzt, mit vielen Widerständen fertig wird und erreicht gegen alle Widerstände einen guten Hafen. Richtige Unternehmer sollten sich sehr in Acht nehmen, nicht „in Titanic zu denken“ und dann wie die Titanic zu enden.

RMD

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