Spieltheorie – Falke und Taube

Die Evolutionäre Spieltheorie ist eine neuere Entwicklung im Bereich der Spieltheorie. Der Ursprung dieser Art von Spieltheorie stammt von Biologen. Bei meinen Recherchen im Internet dazu bin ich auf ein Papier der LMU München gestoßen, das mein Sohn Maximilian gemeinsam mit Peter Czauderna verfasst hat. Das war wirklich ein Zufall, ich wusste gar nicht, dass er sich mit diesem Thema befasst hatte. Hier kann man das nach meiner Meinung lesenswerte Papier herunterladen:

Tauben und Falken (663 Downloads ) .

Ich erkläre kurz das Falke/Taube-Spiel

Es gibt eine Futterstelle. Zwei Spieler begeben sich n-mal an die Futterstelle. Für jedes Treffen muss ein jeder der beiden für sich eine Rolle fest legen. Dabei wissen sie aber nicht, welche Rolle der jeweils andere Spieler einnehmen wird. Die Anzahl des Spieles n wird genauso vorher festgelegt wie die Höhe der Belohnung am Futterplatz abhängig von den eingenommenen Rollen.

Die beiden Rollen werden Falke bzw. Taube genannt. Die Tiernamen implizieren friedliche Verhaltensweise (Taube) und aggressive Verhaltensweise (Falke). Die Spielwerte werden wie folgt oder ähnlich festgelegt:

Trifft Taube auf Taube, dann bekommen beide die gleiche Menge Futter.
Trifft Falke auf Taube, dann bekommt der Falke mehr  und die Taube weniger.
Trifft Falke auf Falke, dann gibt es „Krieg“ und beide Spieler bekommen ein negatives Ergebnis.

Ich habe vor kurzem das Spiel mit folgenden Werten erlebt:

Taube/Taube (1,2/1,2)
Falke/Falke (-10/-10)
Taube/Falke (1/2) und umgekehrt Falke/Taube (2/1)

Die Anzahl n der Spieldurchgänge war 5.

Vielleicht noch zur Erläuterung. Wenn die beiden Spieler als Tauben am Futterplatz auftreten, kriegt jeder 1,2 Einheiten. Wenn sie sich als Falken treffen, jeder -10 (!). Bei Taube/Falke bekommt der Falke immer das Doppelte wie die Taube. Das ganze fünf Mal.

Man erkennt sofort, dass es ein sehr plumpes Modell ist. Allerdings wird es mit anderen in der Literatur verwendeten Zahlen auch nicht herausfordernder.

Ich „neutralisiere“ die „cover story“ (Cover story nennt man die Geschichte, die das Modell „narritativ“ beschreibt), um die komplexen und kaum kontrollierbare Assoziationen möglichst zu reduzieren. Die Rollen nenne ich V1 und V2. Für die Menge dieser beiden Rollen führe ich eine transitive Relation ein: mehr (>). Mehr steht für eine bessere, schönere, tollere … Rolle. Also V1 > V2 oder V2 < V1.

Die Aufgabe heißt: Suche Dir eine Rolle aus und begebe Dich auf einen Ort, der maximal V1 + V2 aushält. Bei mehr als V1+V2 (wie z.B. V2 + V2) geht alles kaputt.

Das klingt schon gar nicht mehr so aufregend wie Taube und Falke. Und assoziert nicht mehr mit „Israel in friedlichen oder aggressiven Jahren“ (wie im oben genannten Text).

Da schlage ich den Spieltheoretikern doch vor, besser das Spiel „Papier, Schere, Stein“ zu untersuchen (Papier kauft Stein, Stein stumpft Schere, Schere schneidet Papier). Das hat immerhin schon 3 Rollen und eine zyklisch-transitive Relation. Damit könnte man wunderbare Experimente durchführen und sogar einen Weltmeister ermitteln. Und wahrscheinlich auch trefflich soziologische Theorien entwickeln. Nur ob die dann was taugen, bezweifle ich auch …

RMD

P.S.
Hier ein Auszug aus oben genannten Papier, der meines Erachtens das Problem der Spieltheorie präzise beschreibt:


Zu beachten ist, dass es sich hier um ein extrem vereinfachtes Modell handelt. Weitere Beweggründe zur Wahl einer Partei wie Geschichte, soziales Leben, religiöses Denken und wirtschaftliche Interessen wurden nicht berücksichtigt. Die Spieltheorie bzw. das Taube-Falke-Spiel liefert hier keine wirkliche Untersuchung des Problems, sondern soll nur Denkanstöße und weiter Erklärungsmöglichkeiten ins Spiel bringen.

5 Fazit

Das Taube-Falke-Spiel ist ein sehr einfaches Modell, das in komplexeren Systemen nur unter stark vereinfachten Bedingungen verwendet werden kann. Ob die dadurch entstehende Übersichtlichkeit im Vergleich zu einer eventuell größeren Realitätsnähe komplexerer Modelle von Vorteil oder Nachteil ist, sollte jeder für sich selbst und unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände entscheiden.

Damit kann ich leben!

11 Antworten

  1. Lieber Roland,

    Dein Wunsch ist schon in Erfüllung gegangen. Leonard Fisher beschäftigt sich in seinem Buch „Spieltheorie im Alltag“ ausführlich mit dem Spiel „Papier/Schere/Stein“. Mein Problem mit der Spieltheorie ist mein laufender Realitätsschock. Mit Menschen, mit denen ich lebe und zusammenarbeite, läuft es (fast) immer auf ein Nicht-Nullsummenspiel (neudeutsch auch win/win genannt) raus. Bei Begegnungen mit Fremden (fast) immer auf ein Nullsummenspiel – was ich verliere, bekommst Du, was Du verlierst, bekomme ich. Das ist dann wie ein Pokalspiel im Fußball. Am Ende gibt es todtraurige Verlierer und glückliche Gewinner. Was hilft mir da die ganze Spieltheorie?

  2. @Roland; Papier/Schere/Stein is easy. A completely random choice leaves chances even. Any other strategy can be exploited if the opponent can guess or recognise it. Recognising and guessing are strategies that can be exploited if they are recognised or guessed. What a boring game. Poker is more interesting.
    @Six, sad that you see it like that. With strangers too both often win. When I go to some baker, I get bread worth more to me than the price. The baker has plenty of bread and needs money, so we both win. Even when I play chess, we both feel happy if we believe it was a good game.
    @Roland, I see much wrong with this analysis of the Israel situation. It seems to me that Max has not taken game-theory seriously. Did this attitude come from you or his teachers? It seems to me that this attitude of learning something for the pleasure of working, (rather than considering whether it makes sense), is common in Germany. I plan soon a posting to explain how this helps Germany economically. This attitude is rare in Wales and Anglo-Saxon countries.

  3. @Chris:
    Zu Papier, Schere und Stein:
    Wenn das Spiel so „easy“ ist, warum hat dann Leonard Fisher dann ein ganzes Buch dazu geschrieben? 😉
    Zum Beispiel Israel:
    Das war ein expliziter Wunsch des auftraggebenden Professors. Gilt wohl in der Literatur als besonders gutes Beispiel für Spieltheorie mit Falke-Taube.

  4. @chris, „completely random choice“ ist gar nicht so einfach, wenn man keinen Computer neben sich hat, der randomisierte Zahlenreihen auswirft. Normalerweise entwickeln menschliche Spieler Verhaltensmuster (zum Beispiel, unwillkürlich Stein zu oft einzusetzen), die ein erfahrener Gegner (oder auch ein Computer), der in der Lage ist, Randomreihen ohne Computer zu entwickeln, ausnutzen kann. Am besten funktioniert die Spieltheorie wohl dann, wenn zwei Computer gegeneinander spielen.

  5. @six:
    Könnte sein, dass Computer immer noch determinierte Systeme sind.
    Zumindest wie ich noch programmiert habe, hatten alle Software-Zufallgeneratoren eine Periode. Die Kunst war, diese möglich lang zu machen. Da gab es interessante Algorithmen, einmal habe ich dazu Mersenne-Polynome im dualen Zahlensystem realisieren müssen. Das Problem war dann, möglichst große Mersenne-Primzahlen (http://de.wikipedia.org/wiki/Mersenne-Primzahl) zu finden (2 power n – 1 als Primzahl). Dies war allerdings schon 1974 und damals ganz schön spannend (bei Siemens in der Koppstr. für den Test von Maxiflachbaugruppen, Projekt Palog A und B 🙂 ).
    Zurück zur Spieltheorie:
    Determiniert ist tot, nicht determiniert ist lebendig. Computer sind tote Wesen, deshalb kann man mit ihnen trefflich Spieltheorie üben …

  6. Sorry, Roland, computers are not deterministic. In my youth, I designed GRONE (George Random Order-Number Evaluator), to find out where „George“ (GEneral ORGanisational Environment) was wasting time. This sampled when certain peripherals interrupted. The timing was suitably random (unlike mathematically generated pseudo-random numbers).

  7. Lieber Chris, ich bin sehr „sorry“, aber dass Hardware und Software nicht deterministisch sind, das ist eine sehr eigenartige Aussage. Glaubst Du das wirklich? Hast Du in Deinen Programmen Quantensprünge genutzt? Jetzt bin ich mal entsetzt 🙂

  8. Der Begriff des „Deterministischen“ ist einer, der früher sehr „bestimmt“ war und heute so schillert wie ein radschlagender Pfau. Zumindest wird er im Alltag anders gebraucht und verstanden, als in seiner „wissenschaftlichen“ Anwendung. Wenn ich allerdings höre, dass der Mensch keinen „Freien Willen“ habe (einverstanden, von mir aus), aber auch nicht von seinem Charakter beschränkt werde (warum gibt es eigentlich kein Substantiv „Restringismus“?), sondern durch die deterministische Chaostheorie bestimmt (Hirnphysiologen) sei, dann werde ich so scharf auf wissenschaftliche Erkenntnisse, dass ich die Auslassungen von Heisenberg über die Unschärferelation einfach nicht mehr aus der Hand legen kann.

    Die unscharfe Ausgangsbedingung ist tot, es lebe das rattenscharfe Ergebnis.

  9. Dear Roland, you force me to a serious answer! At present, it seems that nothing is deterministic. (Of course current theories of physics may later be overthrown). Quantum jumps are happening all the time in brains, computers, etc. Nothing would work without them. Software may be theoretically deterministic, but only a representation of the software is stored and run by hardware, so this „determinism“ has no real effect. Much hardware is designed and constructed to be as deterministic as is practical, but even a processor chip cannot be 100% deterministic. No attempt is made to synchronise a processor with peripherals. The number of CPU cycles that occur before a printer interrupts is not fixed. This effect is extreme with internet. Nobody can predict accurately when a response will come.
    Surely you knew this? If not, I can only put it down to your extreme youth!

  10. Hi Chris, I don’t believe that quantum jumps impact a computers work.

    Of course internet response time is very different (as with trains), but every single response time is determined and you can describe it precisely.

  11. Roland, you are just wrong. Ask a physicist. Lasers depend entirely on quantum jumps and are used for reading discs. But my argument depends on basic science, rather than specific examples.
    When I did performance tests in a dedicated computer, the time varied about 1%. Of course the processor times are more constant than that, but paging is more random.

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Der Lausbub aus Gressthal, der als Professer den b-tree erfindet, berichtet seine Kindheit zum Ende des großen Krieges.
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