Johannes Caspar, Hamburgischer Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit, warnt in einer nicht mehr ganz aktuellen Meldung des Spiegels vor Datenschutzproblemen bei IPv6-Adressen.
Dieses kleine Fundstück aus dem Internet bringt mich zum Nachdenken. Caspar sagte gegenüber dem Spiegel:
“Bisher hat der informierte und engagierte Nutzer Möglichkeiten an der Hand, sein informationelles Selbstbestimmungsrecht auf einen anonymen Internetzugang zu schützen. Mit der Einführung des IPv6-Protokolls droht dies nun gänzlich unter die Räder zu kommen, da die neuen Internetadressen viel mehr über den Nutzer verraten und ihn lebenslang identifizieren können.”
Müssen wir wirklich anonym durchs Internet laufen? Ich meine, dass die Anonymität eines der Übel des Internets ist. Spam ist nur eine (harmlose) negative Folge.
In der realen Welt zeigen wir uns ja auch mit unserem Gesicht. Wenn wir Menschen begegnen, dann stellen wir uns erst mal gegenseitig vor. Wenn wir einen Artikel schreiben, dann setzen wir unser Kürzel darunter. Auch Briefe haben einen Absender. Meines Erachtens sollte der schon außen stehen. Aber zumindest sollte man dann im Inneren erkennen, wo die Briefe herkommen.
Nach meiner Meinung ist das “Anonyme Publizieren von Meinung” eigentlich nur als eine Art Notwehr in einem Unrechtsstaat zu rechtfertigen. Aber nicht in einem zivilen Gemeinwesen, das einen Rechtsstaat darstellt. Da sollte wir es uns wirklich leisten können, auch Unbequemes öffentlich zu vertreten. Und nicht in den “Untergrund” gehen zu müssen. Denn nichts anderes ist “anonymes Auftreten”!
Genauso wie Zivilcourage und “konstruktiver Ungehorsam” nicht anonym sein können.
RMD
P.S.
Man beachte auch die Wortwahl : “sein informationelles Selbstbestimmungsrecht auf einen anonymen Internetzugang zu schützen” …
P.S.1
Nur in der Fremde kann man anonym sein, wird da aber auch als Fremder behandelt!
3 Antworten
Ich denke, wir müssen nicht standardmässig ohne Gesicht durch die Welt laufen,… abseits vom hier angesprochenen Aspekt der Meinungsfreiheit gibt es aber noch mehr schutzwürdige Rechte des Einzelnen (auch gegenüber priaten & nichtstaatlichen Organisationen), die den Wunsch nach Anonymität rechtfertigen können.
Mein Beispiel wäre die Vorauswahl beim Krankenversicherungstarifen in den USA,… da möchte man ungern via Profiling vorab mit Krankheiten in Verbindung gebracht werden, nur weil man vorher durch Recherche-Aktivitäten aufgefallen ist.
Der wesentlichene Punkt, daß wir vorab nicht abschliessend definieren können, in welchen Kontexten wir Anonymität zulassen wollen oder nicht… da bleibt dann nur der Weg, eine Anonymität für jeden möglich zu machen, wenn er/sie das für notwendig hält.
I agree with Daniel’s comment. My wife was seriously worried when I mentioned bin Laden disrespectfully in a blog, (where my remark could be traced back to me). Another time, I commented on American use/waste of oil at a red-neck web site, and was flooded with angry emails.
Im Kampf gegen faschistische Systeme ist Anonymität sicher ethisch vertretbar. Wenn die Bewegung um bin Laden ein solches ist, dann hast Du in Deinem Kampf gegen bin Laden, der aber leider schon “hingerichtet” (oder ermordet?) wurde, sicher das (ethisch-moralische) Recht, anonym dagegen zu operieren. Mir gefällst Du aber trotzdem besser als mutiger und aufrechter Widerstandskämpfer, der sich outet und die Kritik offen unter seinem Namen verwendet.
Ich habe übrigens gerade zu meinem Freund Jörg (der immer wieder aufrecht und öffentlich auf die Oil Peak Problematik hinweist) recherchiert. Und war verblüfft, dass ich doch einige Schmähungen bis hin zu Hassbeiträgen gefunden habe, obwohl Jörg die Themen immer absolut wissenschaftlich, sachlich, mit der nötigen Vorsicht und ohne Emotionen beschreibt. Aber auch da ist mir der Mutige lieber.
Ansonsten möchte ich als Beispiel wiederholen:
Toleranz ist ein hoher Wert. Es gibt nur eine einzige Rechtfertigung für Intoleranz: Wenn es gegen Intoleranz geht.
Das ist das Problem oder vielleicht sogar Dilemma.