Ein Vortrag, der noch gehalten werden muss

Diesen Vortrag habe ich noch nicht gehalten. Jetzt ist er aber in der Anlage fertig – und wartet auf seine Premiere. Freue mich schon darauf. Natürlich wird er sich bis dahin noch kräftig ändern. So ist das mit Vorträgen, die nicht aus der Dose kommen.

Erfolg – Ziele – Strategie

In diesem Vortrag versuche für Sie meine Erfahrungen zu summieren und den aktuellen Stand meines persönlichen Nachdenkens wiederzugeben. Ich weiß nicht, ob das was ich sage, richtig ist. Vielmehr bin ich sicher, dass sich meine Gedanken und auch ich immer weiter verändern werden.

Manche meiner Thesen gefallen mir selbst nicht, ich stelle sie gerne in Frage. Und bin froh, wenn Sie mir helfen, meine Bewertung zu verändern oder zu widerlegen. So freue ich mich auf die Diskussion im Anschluss. Wenn Sie eine Zwischenfrage aber ganz sehr drängt, dann fragen Sie ruhig zwischen durch. Aber auf jeden Fall notieren Sie bitte Ihren Gedanken, damit er uns nicht verloren geht.

Unternehmer und Manager sollen eine „gute Strategie“ entwickeln und diese operativ „optimal“ umsetzen. Die Voraussetzung für eine „gute Strategie“ ist das Festlegen von „guten Ziele“. Erfolg ist das „Erreichen der Ziele“. Man legt also Erfolgskriterien fest, leitet daraus die Ziele ab und setzt sie um.

Also steht im Lehrbuch für Unternehmer:

Man definiert die „richtigen“ Erfolgskriterien. Aus denen leitet man ein „ehrgeiziges Ziel“ ab. Für die Erreichung des „ehrgeizigen“ Ziels wird eine „optimale“ Strategie entwickelt. Die „optimale“ Strategie wird „professionell“ umgesetzt, so entsteht ein „erfolgreiches“ Unternehmen.

Aber ist das überhaupt zu erfüllen? Ich halte dies für eine Utopie. Ein Unternehmen gleicht einem biologischen System, das entsteht, sich entwickelt und auch untergehen kann und nicht einer determinierten Maschine, die Input in höherwertigen Output transformiert und so für Profit generiert. Schon bei der Definition der Erfolgskriterien für ein solches Unternehmen beginnen die Schwierigkeiten. Unternehmen sind sozio-ökonomische Systeme mit eigenen Werten und einer differenzierter Kultur.

Sind wir überhaupt in der Lage, „sinnvolle“, „authentische“ oder „gute“ Erfolgskriterien für solch ein öko-soziales System zu definieren? Welche Erfolgskriterium können wir für ein Unternehmen formulieren? Kann man ein Unternehmen aus der Retorte schaffen?

Wenn ich gestandene und sehr „erfolgreiche“ Unternehmer nach ihren Erfolgskriterien frage, dann haben sie immer ganz viele und sehr kluge Antworten. Wenn ich die selben Personen aber nach einem Jahr wieder frage, dann sind die Antworten anders. Die passen oft gut zu den alten, aber es sind auch ganz neue dabei. Und wichtige alte fehlen.

Man kann sicherlich versuchen, die Erfolgskriterien eines Unternehmens beschreiben. Man wird sie aber schwer alle finden und formulieren können, und wenn man mit der Beschreibung fertig ist, haben sie sich oft schon wieder geändert.

Gerade Erfolgskriterien bilden ein komplexes Muster. Ich stelle sie mir wie ein komplexes Gemälde dar, aber auf keinen Fall wie eine reduzierte und vereinfachte Handlungsvorgabe. Im Mittelstand finden wir oft so schöne Gemälde, in börsennotierten Unternehmen ist das Bild leider oft mit der hässlichen Graffiti des „shareholder values“ überschmiert.

Oft entwickelt man gemeinsam wertvolle Gedanken über die Kultur und die Werte seines Unternehmens. Man ist begeistert. Wenn man dann beginnt, diese aufzuschreiben, geht der entstandene Zauber einer starken unternehmerischen Vision verloren.

Nicht weil Ernüchterung eintritt, sondern weil Werte und Kultur wie auch reales Leben leichter gefühlt werden als in Prozessbeschreibungen abgebildet werden können. Besonders wenn die Realität auch noch als zukünftiges Ziel im Raume steht.

Wenn man so denkt, kommt man schnell auf ein ganz einfaches Ziel:

Wir wollen unsere Kultur und unsere Werte bewahren und angepasst an unseren Weg und unsere Umwelt weiterentwickeln.

Das materielle Ziel des Überlebens oder auch eines vernünftigen Wachstums wird so zur selbstverständlichen „operativen“ Forderung. Aber es ist nicht mehr der „strategische“ Ziel des Unternehmens. Sondern „nur“ eine zwingend notwendige Randbedingung.

Das unternehmerische „Überich“ erwartet aber ganz konkrete Ziele. Damit die Menschen dazu gebracht (gesteuert) werden können, diese zu erreichen, sollen sie letztendlich in konkrete Zielvereinbarungen mit Mitarbeitern umgesetzt werden können.

So habe ich auf einem Seminar vor vielen Jahren gelernt, dass Ziele STARK sein müssen.

  • S für schriftlich
    Ziele müssen schriftlich fixiert werden.
  • T für terminiert
    Jedes Ziel muss einen definierten Termin haben.
  • A für attraktiv
    Der Zielerfüller (?) soll das ihm vorgegebene Ziel als interessant und erstrebenswert empfinden.
  • R für realistisch
    Nach objektiver und und subjektiver Bewertung muss das Ziel machbar und vernünftig erfüllbar sein.
  • K für konkret
    Nur konkrete Dinge können gemessen werden.

Das hat mir eingeleuchtet und ich bin sofort ein Fan von starken Zielen geworden. Die haben aber bei mir immer mehr an Glaubwürdigkeit verloren und ich habe gesucht und für mich Ziele erfunden, die GESUND heißen:

  • G für Gestaltung, Glaubwürdigkeit
    Ziele müssen die Gestaltung eines Vorhabens einfordern aber auch Gestaltungsfreiheit zulassen. Sie müssen das Denken, Handeln, Entscheiden und die Realisierung von Vorhaben beflügeln.
  • E für emotional
    Ziel dürfen nicht nur die Ratio von Menschen ansprechen. Wichtig ist, dass sie über Emotionen vermittelbar sind.
  • S für sinnhaft
    Ein Ziel sollte ein vernünftiges Ziel jenseits Stakeholder Value oder Selbsterhöhung haben.
  • U für unternehmerisch
    Das Ziele muss etwas Wesentliches bewegen, ein Vorhaben, eine besondere Entwicklung oder eine relevante Veränderung einfordern.
  • N für nachhaltig, natürlich, nachvollziehbar
    Als Wert ist (und wie ich vermute, war schon immer) Nachhaltigkeit gefordert. Natürlich und nachvollziehbar sind Eigenschaften, die gut zu nachhaltigen Zielen passen.
  • D für darstellbar
    Ziele müssen gut darstellbar und vermittelbar sein. Das geht am besten, wenn man sie in Geschichten einkleiden oder durch Fabeln und Bilder beschreiben kann.

Ein Ziel muss also gestaltbar und glaubwürdig, emotional, sinnhaft und sexy, unternehmerisch, nachhaltig, natürlich und nachvollziehbar und nicht zuletzt gut darstellbar sein! Dass die “starken Ziele” aus dem Personalbereich, die “gesunden Ziele” aus der Gedankenwelt des Unternehmers kommen, stört mich nicht, gehört doch beides gerade bei einem Dienstleistungsunternehmen eng zusammen.

Heute gefällt mir VARIABEL

  • V für Vernunft, vielseitig und variabel,
    Vernunft vielseitig und variabel eingesetzt schadet nie!
  • A für anständig, annehmbar
    Wir wollen doch alle anständig bleiben und was wir wollen, sollen doch andere annehmen können.
  • R für realistisch, rücksichtsvoll
    Wohin kämen wir, wenn wir nicht realistisch und rücksichtsvoll wären?
  • I für intelligent
    Ohne Intelligenz geht eh nichts.
  • A für attraktiv
    Attraktiv sein macht Spaß.
  • B für bewusst
    Wenn man sich seines Handelns nicht bewusst ist, ist das immer gefährlich.
  • E für endlich und ewig zugleich
    Das wünschen wir uns doch, endlich und ewig zu gleich sein.
  • L für leicht, locker und die Liebe
    Wer möchte nicht leicht und locker sein und auch noch geliebt werden.

Ja – Vernunft – und Liebe – ich hoffe, Sie haben meinen Zynismus bemerkt.

So könnte man beliebig fortfahren und sich an Eselsbrücken für Ziele wie FLEXIBEL, KRÄFTIG oder BELIEBIG ergötzen. Probieren Sie es mal. Aber das sind nur intellektuelle Spiele.

Für mich ist das wichtigste, dass gute Ziele nicht feindselig sein dürfen. Der Begriff der Feindseligkeit ist mir erst vor einem halben Jahr so richtig in den Kopf gekommen geworden. Ich war bei einem Philosophischen Kolloquium bei meinem Freund Klaus-Jürgen Grün zum Thema Feindseligkeit. Da ich eher mathematisch ticke, war meine erste Frage nach dem Gegenteil von Feindseligkeit. Wie aus der Pistole geschossen kam die Antwort vom Klaus:

Das Gegenteil der Feindseligkeit ist die Menschenfreundlichkeit.

Ich habe sanft protestiert. Da stimmt etwas nicht. Dann müsste es ja richtiger Weise „Menschenfeindseligkeit“ heißen, dachte ich mir. Aber das ist mir zu wenig. Wir sollten verstanden haben, dass wir uns auch zur Welt jenseits des Menschen nicht feindselig verhalten sollten.

Ich meine, ein Unternehmens ist erfolgreich, wenn es ein öko-soziales System mit starken Kultur und mit minimalisierter Feindseligkeit ist. Danach sollten wird die Matrix von Erfolgskriterien ausrichten. Und nur Ziele zulassen, die nicht feindselig sind.

Als erstes sollten wir Unternehmer, Manager oder auch Politikers nicht immer glauben, dass wir die Wahrheit mit Löffeln gefressen hätten. Auch unsere Wahrheiten sind nichts anders als von uns gerade aktuell bevorzugte „Gewissheiten“!

Uns sollte klar werden, dass unsere Erfolgskriterien, unsere Ziele, unsere Strategie, das all das auf unserer Intelligenz, unserer Vernunft  sprich unserer Ratio aufbaut. Mit der ist es aber (ich hoffe noch) nicht so weit her.

Denn letzten Endes sind wir immer noch Tiere. Bis vor kurzem wurden wir die Menschenartigen genannt. Die Entwicklung von Zivilisationstechniken wie Sprache und Schrift ist noch gar nicht lange her, wie auch unsere Form des Denkens. Forschen Sie mal selber nach – oder kommen sie zu unserem Vortrag ins IF-Forum am 20. Juli 2011.

So sind wir eben nicht die klugen und allwissenden, ja göttlichen Übermenschen, die wir sein wollen. Oder die man uns eingeredet hat, dass wir sie sein sollten.

So bleibt uns nur, soweit wie möglich uns zu bemühen, ein wenig weise und klug handeln. Wir Manager und Unternehmer sind halt bestenfalls auch nur so eine Art Büffel in der Herde – und nicht zuletzt deshalb managen wir nur zu oft halt „wie die Wilden“.

Also, erlangen wir zuerst mal die Weisheit des „Königs der Löwen“. Aber erhöhen wir uns selbst auf keinen Fall über unsere Weggefährten. Und bilden wir uns bitte nie ein, dass wir die Zukunft systematisch und strategisch richten und gestalten könnten.

Wenn wir uns als Unternehmer, Manager oder „Disziplinarische Vorgesetzte“ (ein grauenhafter Begriff) uns anmaßen Menschen zu führen, dann sollten wir für uns mit folgendem beginnen:

Unsere vermeintlichen Wahrheiten und „Gewissheiten“ kritisch hinterfragen. Alles was nach Dogma klingt schon mal von Hause aus anzweifeln. Den Menschen zuhören und ihre Ideen wie ihre Sorgen ernst nehmen. Ein klein wenig Emphatie zu lernen. Zivilcourage und konstruktivem Ungehorsam zu fördern und nicht zu bestrafen. Versuchen, Räume der Entfaltung zu schaffen.

Und vor allem:

Wir sollten uns selbst nicht so wichtig nehmen!

Könnte gut sein, dass das die Basis für meinen Beitrag am 11. April zum Thema Mensch&Management wird.

RMD

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