Bevor Covid 19 nach mehr als 10 Jahren und aktuell 69 Folgen auch die erfolgreiche Serie ‚Carl & Gerlinde‘ mundtot macht, drängen Carl und Gerlinde samt ihrer metaphorischen Hühnerschar nun doch auf ein Revival ihrer Serie: d.h. ab sofort startet mit Folge (1) aus dem Jahr 2011 eine wöchentliche Neuauflage! Und dazwischen gibt es natürlich immer wieder auch weitere Folgen, die sich mit dem aktuellen Geschehen befassen. Viel Spaß dabei!

Carl und Gerlinde (14)

 Warum musste sie auch ausgerechnet nach Mecklenburg – Vorpommern?  Wer fuhr denn da schon hin?

Gut eine ihrer Tanten war Hundertzwei Jahre alt geworden und wollte noch einmal die ganze Familie um sich haben…

Aber man hätte das auch auslassen können, meinte Carl im Stillen für sich, denn so nahe stand sie dieser Tante Irmgard auch wieder nicht. Oder gab es da  etwas zu erben, wovon er nichts wusste?

Doch als Gerlinde freudestrahlend aus dem Zug stieg und meinte, das sei ein wunderschönes, rührendes Fest gewesen, schämte er sich fast ein bisschen wegen seiner kleinlichen Vorbehalte. Dennoch schätzte er sich auf dem Weg zum Auto, aufs Neue glücklich, dass dieser Mecklenburg – Vorpommersche Kelch an ihm vorübergegangen war und sagte zu Gerlinde  dreimal, dass sie ihm in diesen vier Tagen ihrer Abwesenheit echt gefehlt hätte…

Und als er sie daheim mit geschmorten Kaninchenschenkel in Senfsoße überraschte, entlockte er ihr sogar fünf langgezogene ‚Ahs’ samt einem sechsmaligen Hochdrehen ihrer leicht schräg stehenden Augen, an denen er sich nie satt sehen konnte!

Und die sieben Gläser Pinot Grigio taten ein übriges: Carl musste unbedingt seiner Gerlinde erzählen, was ihr gemeinsamer Freund Kurt für einen achtbaren Bock geschossen hatte, während sie sich in Mecklenburg – Vorpommern herumgetrieben hatte, und er, der Kurt, aus einem staubigen PKW von einem munteren Italiener lachend angequatscht worden war,  mit der Frage, ob er ihm den ‚Motorway’  nach Süden zeigen könnte…

„Well go this street down, turn to the left, then go to the right and straight on you will find a Autobahnsign“, sagte der Kurt wohl, wie er erzählt hatte, oder so…

„Okay thank you“, rief der lustige Typ; ein wirklich sympathischer Kerl, der dir auch gefallen hätte Gerlinde…

„Das hat der Kurt so erzählt, Carl?“ fragte Gerlinde skeptisch.

„Ja das hat er, genau so! Und der Italiener wollte wissen what profession ich hätte, also der Kurt hätte und sagte „Ich arbeite in Mode, you know? Armani you know, Armani in Rom“

„Oh – Rom…“ sagte der Kurt.

Darauf der Italiener „do you like Italy? Have you been there?“

„Yes in Südtirol!“

„Aber der Kurt war doch gar nicht in Südtirol, Carl, wir waren doch da?“ warf Gerlinde irritiert ein.

„Ja natürlich, aber der Italiener hat dann gesagt, „ich in Rom großes Modegeschäft zusammen mit  Papa…“

Und dann „look, I will give you something; ich habe gewonnen im Spielcasino. Ich bin so happy“…

„Unglaublich was der Kurt, dir da erzählt hat?“, bemerkte Gerlinde seltsam berührt.

„Ja und der Italiener war vielleicht fünfunddreißig Jahre alt und unheimlich charmant, grad so wie du sie magst diese goldigen Italiener…“, sagte Carl, als hätte er eine Veranlassung etwas gut zu machen und schluckte kräftig am Pinot Grigio weiter…

„Wieso will der Kurt sich anmaßen zu wissen, welche Italiener ich mag?“

„Ist ja egal, jedenfalls sagte der italienische Typ “Look“  und zeigte ein tolles Armaniprospekt mit super Lederjacken, die sie in Rom herstellten und in alle Welt lieferten…

„Da schau, hier ist eine“, sagte er plötzlich in recht gutem Deutsch, griff nach hinten und angelte nach einer ähnlichen Lederjacke wie auf dem Prospekt, aber noch in der schützenden Plastikhülle…

„Welche Größe du ?…Konfektionsgröße?“

„Weiß ich nicht…“

„Wieso weißt du das nicht, Carl“, fragte Gerlinde erstaunt und musste jetzt auch ein kräftiges Schlückchen vom spritzigen Weißen nehmen.

„Na ich weiß das schon, aber der Kurt wusste seine Größe nicht, wie er gesagt hat und der Italiener sagte: „Look hier,  ich habe soviel im Spielkasino heute Nacht gewonnen. And ich bin so happy. Ich schenk dir diese Jacke für Weg zu ‚Motorway’… look to Prospekt, die verkaufe ich sonst…“

„Nein“, sagte ich“, das kann ich nicht annehmen; das ist zuviel für diese lächerliche Wegebeschreibung…“

„Das hast du gesagt?“, fragte Gerlinde ungläubig.

„Nein der Kurt; und der Italiener von Armani sagte, da nimm, wir haben ein Riesengeschäft in Rom und viele, viele Lederjacken… Oder magst du keine Italiener…“

„Doch, doch, sehr sogar…“

„Na dann schau diese schwarze Nappalederjacke, ist ganz fein, hier fass an…“

„ Ja wirklich, toll“, sagte ich.

„Du?“

„Na, ja der Kurt natürlich, weil er gesagt hat, dass der Typ unheimlich nett war und noch nach einer zweiten Jacke gegriffen hat und gesagt hatte, die ist für deine Frau, aber nur, wenn du mich in Rom besuchst, aber ohne sie!

„Du weißt schon wie wir Italiener sind“, sagte er, drückte seinen linken Zeigefinger unter sein linkes Auge und grinste…

Und als der Kurt abgelehnt hatte, sagte er, „warum? Ich schenk sie dir, weil ich so eine tolle Nacht im Spielcasino hatte mit zwei Tschechinnen, ganz heiß…“

„Nein, wirklich nicht…“

Aber dann stand ich schon mit zwei Lederjacken vor seinem Auto und er grinste und sagte, „ weißt du was eine kostet?“

„Keine Ahnung.“

„Na schätze…“

„Vielleicht 350,- oder so..?“

„He, keine Ahnung! Viel zu wenig! 1200,- Euro kostet eine, echt, aber ich schenk sie dir– heut ist mir alles egal – ich hab in der heißen Nacht mit den zwei Tschechinnen 16000,- Euro verloren. 16000,-. Mein Vater zerreißt mich in Rom, aber das macht nix…“

Wir – also der Kurt natürlich – stand sprachlos vor dem Auto mit den zwei riesigen Plastiktüten und Lederjacken! Dass so etwas passierte war einfach wie im Traum. Und wie leicht die Jacken waren, allein das schon eine Garantie, dass sie echt waren!

„Und der Typ hat sich wirklich gefreut, dass ich so zufrieden guckte Gerlinde, wirklich!“

„Du meinst sicher den Kurt, Carl, wenn du ‚ich’ sagst, oder?“

„Ja weil der charmante Italiener, Gott sei Dank plötzlich auch einen Wunsch hatte und ich mich revanchieren konnte, Gerlinde….“

„Aber jetzt muss ich dich um Hilfe bitten“, sagte er mit total traurigen Augen – ich schäme mich zwar – aber ich hab ein riesiges Problem. Ich hab kein Diesel mehr und muss noch nach Rom! Kannst du mir vielleicht dabei helfen. Ach ich schäm mich so – aber ich hab dir ja erzählt, dass ich 16000.- verspielt habe. Ich habe echt nichts mehr…

„Tja, wie viel brauchst du denn?“

„Mit wie viel kannst du mir den helfen?“

„Ich weiß nicht…“

„Na bis Rom brauche ich schon 300 Liter Diesel“, sagte der nette Kerl, jetzt total zerstört und klein – von seiner Fröhlichkeit war nichts mehr da…

Hm – was waren diese vielleicht 400,- Euro, die dieser nette Kerl für den Diesel brauchte, gegenüber den 2400,-  der Jacken, die ich in der Hand hielt? Konnte man da kleinlich sein; schließlich hatte ich ja gerade 400,- Euro vom Girokonto abgehoben…

„Reichen dir 400,- Euro? Da kommst du ja schon ein schönes Stück voran?“

„Na wenn es das ist, wie du mir helfen kannst, dann nehme ich das, ach wie  ich mich schäme…“

„Komm, komm, komm…“,  sagte ich, ist ja egal, stellte die beiden Tüten ab und zückte meine Brieftasche, „mehr hab ich leider nicht, entschuldige…“

„Okay“, sagte der lustige Typ“, wenn du mir so helfen willst, dann nehm’ ich das, obwohl ich mich furchtbar schäme und schon vor meinem Vater fürchte…“

„Ist schon okay“, sagte ich und winkte ab. Der Typ lachte laut – viel zu laut –  schloss rasch seine Autofenster und zischte mit einem enormen Tempo davon…

„Hat das der Kurt gesagt, dieses ‚ist schon okay’“? fragte Gerlinde mit aufreizender Beharrlichkeit.

„Genau der Kurt…“ knurrte Carl und starrte düster auf das neunte, bereits  leere Glas, vor sich…

Und die beiden schrecklichen Lederjackenimitate, die Gerlinde sieben Tage später, zufällig in der Mülltonne fand, musste der Kurt wohl aus Angst vor seiner Hannelore da hinein geschwindelt haben, denn wie sonst wären, die auf ein Zehntel ihres ursprünglichen Volumens zusammengepressten edlen Armanilederjacken da hingekommen?

KH

Eine Antwort

  1. I suppose a bit of xenophobia is ok, when writing about German gullibility. Am I getting too serious in my senility?

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