Umweltschädliche Subventionen: ungedeckte Wechsel auf unsere Zukunft

Von fp
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Hier ein Gastartikel von Florian Prange!

Die sich zu einer weltweiten Wirtschaftskrise verdichtenden Turbulenzen der internationalen Finanzmärkte führen uns noch einmal eindringlich vor Augen: unser Geld- und Finanzsystem ist eine der Haupttriebkräfte unseres heutigen Gesellschaftssystems. Die grundlegenden Spielregeln der Finanzmärkte prägen dabei maßgeblich unser Handeln und entscheiden letztendlich darüber, ob wir dem kurzfristigen Profitstreben eines spekulativen Zockerkapitalismus erliegen oder einen Entwicklungspfad einschlagen, der langfristiges und verantwortungsvolles Wirtschaften belohnt.

Ähnlich verhält es sich dabei mit der Steuer- und Finanzpolitik, die, neben der direkten Gestaltung der öffentlichen Haushalte, eine Vielzahl von – einander mitunter widersprechenden – starken Lenkungswirkungen auf das Handeln der ökonomischen Akteure entfaltet. Dadurch prägt sie die grundlegenden Entwicklungen unserer Gesellschaft häufig in einem tieferen Maße als die Formulierung und Umsetzung von Zielen im politischen Entscheidungsprozess. Dies wird besonders deutlich, wenn die durch umweltschädliche Subventionen und Steuervergünstigungen geschaffenen Anreize und Steuerungswirkungen im Bundeshaushalt betrachtet werden (es wird bereits deutlich, wenn sich die Subventionen im Bundeshaushalt niederschlagen, nicht erst bei dessen Betrachtung).

So stehen insbesondere die von der Regierung immer wieder als wesentliche Zukunftsaufgabe hervorgehobene Klima- und Bildungspolitik in einem krassen Gegensatz zu der tatsächlichen Verwendung unserer Gelder im Bundeshaushalt. Die tatsächlichen Größenordnungen dieser Fehlsteuerung werden dabei aber erst deutlich, wenn nicht nur die im Subventionsbericht des Bundes aufgeführten Tatbestände berücksichtigt, sondern auch die in den unterschiedlichen Bundesgesetzen geregelten Ausnahmeregelungen mit einbezogen werden. Hier behindert fehlende Transparenz volkswirtschaftlich sinnvolles Handeln.

Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) hat daher 2008 in einer Studie für Greenpeace eine Bilanz aller umwelt- und klimaschädlichen Subventionen auf Bundesebene gezogen, um das tatsächliche Ausmaß dieser Fehlsteuerung zu dokumentieren. Zusammengefasst ergibt sich ein Volumen von rund 34,5 Milliarden Euro, das etwa 13 % des Bundeshaushaltes 2007 entspricht. Als separat ausgewiesener Posten nähmen ökologisch kontraproduktive Subventionen damit – nach den Ausgaben für Arbeit und Soziales und dem Schuldendienst – einen der prominentesten Plätze ein und übersteigen etwa die Investitionen für Bildung und Forschung in Höhe von 8,5 Milliarden Euro um ein Vielfaches.

Insbesondere die großen Kohle- und Atomkonzerne profitieren: Zwar laufen die Steinkohle-Subventionen – derzeit rund 1,8 Milliarden Euro – langsam aus, doch gehen dem Bundeshaushalt durch die Nicht- oder Geringbesteuerung der klimaschädlichen Kohle jährlich 3,7 Milliarden Euro verloren. Braunkohle, der klimaschädlichste Brennstoff, wird dagegen mit mindestens 200 Millionen Euro für den Tagebau gefördert. Gleich mehrfach profitieren die Betreiber von Atomkraftwerken: Die Steuerbefreiung für Kernbrennstoffe spart ihnen jährlich 1,6 Milliarden Euro ein. Weitere 800 Millionen Euro bringt ihnen die Steuerfreiheit der Rückstellungen für den künftigen Abbau der Atommeiler.

Im Verkehrsbereich ist die derzeit heiß diskutierte und vom Bundesverfassungsgericht inzwischen wieder eingeführte Pendlerpauschale nur die Spitze des Eisberges. 6,15 Milliarden Euro Steuerausfall pro Jahr verursacht die geringere Mineralölsteuer auf Diesel-Kraftstoff, der mehr CO2 als Benzin und krebserregende Russpartikel ausstößt. Die Steuerbefreiung für Flugbenzin schlägt mit real 8,7 Milliarden Euro zu Buche. Weitere 600 Millionen Euro Steuervorteil erhalten die Fluggesellschaften im Inland durch die Befreiung von der Mehrwertsteuer bei Fernflügen, während die Bahn im Fernverkehr den vollen Steuersatz zahlt. Auf eine halbe Milliarde Euro verzichtet der Staat durch die geringe Steuer für privat genutzte Dienstwagen, die häufig einen hohen Spritverbrauch haben – nicht eingerechnet die Milliardenausfälle durch die Abschreibung der Anschaffungskosten.

Dagegen ist es – zahlloser Lippenbekenntnisse der politischen Elite zum Trotz – um die Investitionen in Bildung und Forschung schlecht bestellt. Gerade in einem Bereich, der für die Zukunft eines ressourcenarmen Landes von entscheidender Bedeutung ist, nimmt die Bundesrepublik nur einen der hinteren Plätze ein. So stellt eine aktuelle Studie der OECD erneut fest, dass die Bildungsausgaben in Deutschland mit 5,3 % des BIP deutlich unter dem Durchschnitt der 30 wichtigsten Industrienationen liegen. Der Studie zufolge wird der Abstand zwischen Deutschland und den Ländern, die mehr in die Bildung stecken, größer. So fehlen gut 16 Milliarden Euro, um den Durchschnitt von 5,8 % des BIP im internationalen Vergleich zu erreichen. „Deutschland verliert an Boden“ ist dementsprechend auch das lakonische Fazit der OECD Studie. Und doch nehmen wir auch weiterhin bereitwillig in Kauf, dass Umwelt-zerstörendes Handeln ein Mehrfaches dessen verschlingt, was im Haushalt für Bildung vorgesehen ist.

Allerdings zeigt diese Fehlallokation öffentlicher Gelder auch, wie durch den gezielten Abbau falscher finanzieller Anreize Spielräume für entscheidende Zukunftsinvestitionen gefunden werden können. Dies erfordert freilich den Mut der Politik, im Sinne des Allgemeinwohls und zukünftiger Generationen den Einzelinteressen starker Lobbygruppen gegenüber zu treten. Letztendlich ist das auch die ermutigende Botschaft dieser zunächst einmal ernüchternden Zahlen: die Mittel für eine gestaltende Zukunftspolitik sind vorhanden. Und diese Chance gilt es zu nutzen.

Mit der Zukunft lässt sich haushalten!

Die vollständige Subventionsstudie findet sich bei Greenpeace.

Florian Prange ist Mathematiker und Gründer der Firma ProjectComplexity in Hamburg. Seit 2007 ist er Vorstandsmitglied im Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. (FÖS) und Initiator des Schwarzbuches „Klima- und Umweltschädliche Subventionen und Steuervergünstigungen“, das für die Jahre 2006 – 2008 vom FÖS in Zusammenarbeit mit mehreren Umweltverbänden herausgegeben wurde.

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