Zukunft – volatil, disruptiv, unvorhersehbar!

Zu Weihnachten singen wir:

O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit!

Und heute am Sonntag singe ich das Zukunftslied:

O du volatile, o du disruptive, unvorhersehbare Zukunftszeit!

Volatil – was für ein schönes neues Modewort. Volatilität als Krankheit der Endzeit. Vor fünf Jahren musste ich nachschlagen. Und heute höre ich es viel zu häufig in Kombination mit viel zu vielen und meistens sehr leeren Substantiven. Alles ist plötzlich volatil geworden.

Und dann erst disruptiv! Dieses Attribut ist bei mir erst vor zwei Jahren angekommen. Aber ich habe schnell gelernt, es immer häufiger anzuwenden. Ist auch bestens als Adjektiv in Killerphrasen geeignet. Um zum Beispiel Überlegungen, die zwar vernünftig scheinen, mir aber nicht schmecken, abzuweisen. Nach dem Motto: „Und was machen wir, wenn ein disruptives Ereignis passiert?“ Schon erschrecken alle und das Thema hat sich Gott sei Dank erledigt.

Ganz neu höre ich von ganz unterschiedlichen Menschen von der „unvorhersagbaren Zukunft„.

Die ganze Wissenschaft des Wirtschaftens wollte uns Unternehmern immer einreden, dass man „Zukunft machen“ könne. Dass man ein Unternehmen so präzise planen und steuern könne, wie man eine Maschine lenkt oder eine Autofahrt plant. Dass man für gute Entscheidungen nur Informationen sammeln und richtig bewerten müsse. Das war die Botschaft in Kurzform. Die selbe „Management Weisheit“ gibt es auch ein wenig ausführlicher und scheinbar noch überzeugender in fünf und sieben Sätzen. Bin ich auch mal darauf reingefallen.

Mitarbeiter müssten nur richtig „profiled“ werden, dann könne man sie optimal und ganz mechanistisch in deterministische Prozesse und Rollen richtige einordnen. Dies alles zum Wohle der ausschließlichen Erfolgskriterien Wachstum bei Umsatz und Marge. „Shareholder value“ als ausschließliches Unternehmensziel.

Und jetzt wird das Geschäft volatil und von disruptiven Ereignissen bedroht. Und ganz schlimm, die Zukunft ist nicht mehr vorhersagbar. Obwohl Hans Ulrich (der „Erfinder“ des St. Gallener Management Modells, St. Gallen) schon Anfang der Achtziger genau dies als eine seiner Thesen zum „Wandel im Management“ formuliert hat.

Jetzt  beginnt auch die Akademica an ihren Grundfesten zu zweifeln. Macht nichts, es ist ja nie zu spät. Und Unsicherheit kehrt in die Köpfe ein. „Früher war ja eh alles besser“.

Andererseits – ist es nicht vernünftig und schön, wenn wir ein wenig bescheidener werden? Und ist die häufige Nutzung solcher Unworte und -sätze nur ein (für mich sehr positives) Zeichen, dass immer mehr Menschen verstehen, dass sie eben keine Götter und auch keine „Krönung der Schöpfung“ sondern nur sehr komplexe (und mir sehr sympathische) Säugetiere sind?

Leben an sich war doch schon immer volatil, disruptiv und nicht vorhersagbar. Alles andere findet doch nur in den Köpfen statt. Wie Ängste, Religion und die Wahrheit …

RMD

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