Nachlese zu meinem Vortrag – Fragen&Antworten #9 Standort München

In dieser Artikelserie beantworte ich die von Studenten gestellten Online-Fragen, die ich in meinem Vortrag

Lehren für Unternehmensführer – das Leben, das Wissen, die Informatik und die Ethik

im Rahmen der Vorlesungsreihe

„Innovative Unternehmer“ / Sommersemester 2010
Führung von wachstumsorientierten Unternehmen

nicht ausführlich behandeln konnte.

Thema: Standort

Frage:
Für wie wichtig halten Sie die Wahl des Standortes für den Erfolg einer Gründung im Bereich IT. Welche Faktoren spielten bei Ihnen eine Rolle? Welche Vorteile bietet das Münchner Umland?

Antwort:

Die Standortwahl war bei uns ganz einfach:
Standortwahl:
Verschiedene Standorte haben unterschiedliche Vor- und Nachteile. In den Regionen sind oft die Gehälter und auch Stundensätze der Freiberufler niedriger. Die Verkehrsverbindung spielt eine Rolle. Es schadet nichts, wenn man gerade in Gründungszeiten ein paar Kunden hat, die „um die Ecke wohnen“. Das gibt es nicht in jeder Region. Auf der anderen Seite kenne ich sehr erfolgreiche Unternehmen, die ihr Produkt nur im Internet vertreiben und auch im Internet verteilt entwickeln. Dann ist nur eine halbwegs vernünftige WEB-Anbindung von Bedeutung.
Meine Faktoren:
Da ich in München wohnte, an der TUM studiert hatte und wichtige Partner wie Siemens ihre für mich ihre relevanten Unternehmensbereiche in München hatten, habe ich gar nicht viel über den Standort nachgedacht. München war in den siebziger Jahren die IT-Stadt Deutschlands. Hier tummelten sich viele Hersteller (nicht nur Siemens) mit ihren IT-Bereichen. Es gab prominente Software-Häuser und eine echte IT-Kultur. München hat deshalb Informatiker und EDV-ler aller Art aus vielen Ländern innerhalb und außerhalb Deutschlands wie ein Magnet angezogen. Ich habe viele Kollegen und Freunde gehabt, die des Jobs wegen aus Großbritannien und Österreich, aber auch aus ganz Deutschland und vielen anderen Ländern nach München gekommen sind.
Wir hatten in München mit großem Abstand (und ich glaube haben sie immer noch) die größte Informatiker-Dichte in Deutschland, d.h. nirgendwo war der Anteil von Informatikern pro Kopf der Bevölkerung so hoch wie bei uns. München war so eine Art „Silicon Valley der deutschen Software“. Ein zweites, deutlich kleineres „Nest“ von Informatikern gab es im Stuttgarter Raum (HP, IBM, SEL), das war es dann aber auch schon.
Der Nachteil war dann später, dass wir die meisten Projekte Ende der 80iger und in den 90igern eben nicht in München, sondern in Düsseldorf, Frankfurt und Hamburg hatten. Dort gab es mehr Nachfrage – und weniger IT-Leute.
Aktuelle Vorteile der Region München:
Ich bin mir da nicht so sicher, ob es noch wesentliche gibt. Die Konkurrenz in München ist nach wie vor höher als im restlichen Deutschland. Es bleiben wohl nur die Vorteile einer sympathischen Großstadt mit hoher Lebensqualität, verkehrsgünstig gelegen mit guten Unis.

Frage:
Wie bewerten sie den IT-Standort Deutschland im Internationalen Vergleich? Gibt es vielleicht irgendwelche Vorteile die für Deutschland sprechen? Wie bewerten sie das „Human Kapital“ in Deutschland im Bereich IT?

Antwort:
IT-Standort Deutschland:
Als innovative Kraft spielt die IT mit Ausnahme von SAP und ein paar erfolgreichen Nischenanbietern in Deutschland keine Rolle mehr. Die meisten Entwicklungen der Zukunft dürften außerhalb Deutschlands stattfinden.
Vorteile für Deutschland:

Wir sind immer noch sehr gute Ingenieure, die besonders gut organisieren können. Außerdem glaube ich, dass wir aufgrund des immer noch hohen Bildungsniveaus und unserer europäischen Kultur viel besser „interdisziplinär“ denken und vorgehen können als unsere Konkurrenten. Eine große Chance sehe ich in Methodik und ganzheitlichen Entwicklungen, bei denen viele Fähigkeiten vereinigt werden müssen. Ich glaube auch, dass das deutsche Verständnis von Qualität ein besonderes ist. Leider ist das nicht immer von Vorteil. In der Vergangenheit waren oft Unternehmen, die nach dem Motto „Frechheit siegt“ fehlerhafte Produkte schnell auf den Markt gebracht haben.
„Human Capital“ in Deutschland:
Ich glaube, dass unser „Human Capital“ immer noch besser ist als fast allen anderen Länder. Das gilt nicht nur für die IT. Allerdings kommt dieser Vorsprung nicht daher, weil wir besser geworden wären. Mein persönlicher Eindruck aus Reisen in viele Länder ist, dass es in den meisten Ländern noch viel mehr mit Bildung und Kultur abwärts geht als bei uns. Die tollen und so begabten und bestens ausgebildeten hungrigen Inder, Chinesen, Asiaten und Afrikaner halte ich für eine Mär. Ich bin immer entsetzt, wie als hochqualifiziert angekündigte Mitarbeiter aus den hochgelobten Kulturen dann in den Projekten enttäuschen, oft versagen. Trotzdem täte es gut, wenn wir uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen würden. Denn wer sich auf seinen Lorbeeren ausruht, trägt diese am falschen Körperteil …
Also: Verhaltener Optimismus

Weiter geht es im nächsten Post dann mit Fragen und Antworten zu Studium und Weiterbildung.

RMD

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