Churchill in Quebec 1944

Wir stecken heute in der größten Krise seit langem. Wir verteidigen unsere Währung, kämpfen um die Stabilität des EURO.

Das sagt unsere Kanzlerin.

EZB-Chef Trichet sagt sogar, dass

Europa in der schlimmsten Krise seit dem 2. Weltkrieg wäre.

Man spricht vom Währungskrieg. Klingt alles nach Blut, Schweiß und Tränen. Erinnert an Winston Churchill.

Und man hört, dass die EURO-Fighter im EURO-Land hart an verschiedenen Fronten kämpfen sollen. Unermüdlich, selbst am Wochenende sind sie ruhelos unterwegs und stabilisieren unsere Währung. Gegen die bösen Spekulanten.

Sie mobilisieren die letzten Reserven und werfen sie an die EURO-Front. Mit 500 virtuellen Milliarden bekämpfen sie eine virtuelle Bedrohung durch 3.500 Milliarden, die auf dem Währungsmarkt kursieren, wobei allein 1000 Milliarden täglich zwischen Euro und Dollar um die Erde schwappt, sorry, ich meine natürlich gehandelt wird.

Sie reden daher, wie griechische Fire Fighter im Kampf gegen die übermächtigen Waldbrände im Jahr 2008. Nach dem Kampf legen sie heilige Schwüre ab, dass ab jetzt die Finanzwelt kontrolliert und überall gespart werden würde. Und dass das Sparen „von oben“ durch Regel und Kommissare kontrolliert werden würde. Fangen aber auch gleich wieder zu streiten an, wo man denn sparen könne oder solle. Und können die Finanzwelt sowieso nicht zähmen, weil es ein globales Thema ist.

Das ist alles lächerlich. Ein einziger und völlig unrealistischer Blödsinn. Bullshit, wie man in Börsenkreisen sagen.

Was ist denn real passiert?

Nichts!

Schuldenuhr in Berlin am 29. Juli 2006

Es hat sich nichts verändert. Die Schulden Griechenlands sind genauso wie die Schulden der BRD nicht über Nacht entstanden. Die Lage ist dieselbe wie noch vor ein paar Jahren und Jahrzehnten. Es gibt keine plötzliche Veränderung, die den aktuellen hysterischen Anfall rechtfertigen könnte.

Auch der digitale „Zeiger“ der Schuldenuhr zieht wie gewohnt seine Bahn. Wenn der stehen bliebe, das wäre seltsam. Aber keine Angst, er wird sich weiter drehen.

Die Finanzwelt ist auch dieselbe wie vor zehn oder zwanzig Jahren geblieben. Die Banken machen dieselben Spielchen. Ein nicht unerheblicher Teil unserer Gesellschaft und Wirtschaft lebt davon, übrigens alles andere als schlecht.

Es geht alles seinen normalen Weg, wie seit längerem. Vielleicht ist mal wieder eine Null dazugekommen. Aber was ist schon eine Null?

Aber passiert ist nichts. Und es wird auch nichts passieren. Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht. Genauso wird der EURO so lange halten, so lange er hält. Und wenn er mal nicht mehr hält, wird er durch eine andere Währung abgelöst. So war das mit den Währungen immer und so wird es immer sein. Ob der Währungswechsel 10 Jahre früher oder später passiert, ist doch völlig gleichgültig.

Genauso ist es mit Staaten. Sie leihen sich Geld, bis sie bankrott sind. Dann starten sie neu. So ist es immer gewesen und es gibt keinen Grund, warum es nicht auch in Zukunft so sein sollte. Und dass es wieder mal „crashen“ muss, gehört zur Natur der Dinge.

Seit 50 Jahre haben wir das gemacht, was Staaten und Menschen immer machen: Schulden aufgebaut. Da ist doch der Crash die logische Folge. Und eine geschichtlich bewährte Maßnahme, die gebildeten Menschen vertraut sein sollte.

Mit den Währungen ist es dasselbe: Die DM hat gut 50 Jahre gehalten. Ein Rekordwert. Der EURO hat es jetzt schon 10 Jahre geschafft. Ist angesichts der großen Ausbreitung nicht so schlecht, wenn man bedenkt dass es in anderen Jahrhunderten auch bei kleineren Währungen fünf mal im Jahrhundert gekracht hat, also im Schnitt alle 20 Jahre.

Der Crash ist doch nur eine Reinigung der Finanzwelt, die regelmäßig stattfindet und wahrscheinlich stattfinden muss. Er ist wie ein Gewitter, dass nach einer Reihe von heißen Sommertagen wieder die Luft und staubigen Straßen reinigt. Nach dem Gewitter werden die nassen Kleider getrocknet und Sommer und Party gehen weiter. Und wie das Gewitter nicht alle nass macht, trifft auch der Crash nie alle.

Dass solch ein Crash die Dinge verändert, ist evident. Und dass es bei jeder Veränderung Verlierer und Gewinner gibt, ist auch klar. So wie auch jedem klar ist, dass die Überwindung eines Crash ein wenig dauert . Aber so ist es halt im Leben. Nicht ohne Grund haben die meisten Menschen so viel Angst vor Veränderung.

Geld und Währungen sind nur virtuell. Geld kann man halt nicht essen, wie die weise Indianerin uns „weißen Männern“ gesagt hat. Geld kann man auch nicht trinken, nicht einmal zum heizen taugt es. Auch die Liebe kann man sich mit Geld nicht kaufen.

Krieg oder ein Verkehrsunfall sind nicht virtuell – anders als Geld und Währungen. Sie bringen wirklichen Schrecken und den Tod. Und verursachen mehr Leid als der schlimmste Crash. Es ist doch wie beim Totalschaden im Straßenverkehr. Solange nur das Blech hin ist, hat man doch Glück gehabt. Was soll’s. Also: Warum also soviel Angst vorm Crash des virtuellen Konstrukts einer Währung?

Real sind die anderen, wirklich schlimmen Dinge. Regime, die Völker unterdrücken. Erdteile, in denen Menschen verarmen, verdursten, verhungern und unnötig an heilbaren Krankheiten sterben.

Real ist auch der gigantische Wasserverbrauch, der die Weltvorräte zeitnah bedroht. Wie die wesentliche Überschreitung eines gefährlichen Grenzwerts des Kohlendioxidanteils in der Luft, der 10 Millionen Jahre konstant und Voraussetzung für unser Leben war. Real ist auch das gnadenlose Artensterben, die Überschwemmung von Land und Meer durch Plastikmüll oder insgesamt die Zerstörung unserer Welt im Kleinen wie im Großen.

Real ist auch das, was im Golf von Mexiko passiert.

Also, vergessen wir einfach den ganzen Quatsch mit EURO und Griechenland. Ist alles nur Bullshit. Und kümmern wir uns um die Realität in dieser unseren Welt!

RMD

P.S.
Dieser Artikel entstand nach einem Gespräch mit einer sehr sympathischen Beraterin einer Bank. Das Gespräch hat mich in den finanziellen Dingen so richtig beruhigt.

P.S.1
GNU head Aufgenommen wurde das Bild der Schuldenuhr von Wimox. Ich habe es aus Wikipedia geholt. Dort wurde es von Wimox wurde unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation veröffentlicht.

Das Bild von Churchill habe ich aus dem zentralen Medienarchiv Wikimedia Commons eingebunden.

4 Antworten

  1. Good provocative stuff from Roland. But he seems a bit too light hearted about crashes. It is generally considered that the great depression helped Hitler’s rise to power and thus was partly the cause of WW2. And war is one of Roland’s „real“ evils. In a crash, the losers greatly outnumber the winners, partly because each winner tends to win more than each loser loses, and partly because average wealth declines. It is not a zero-sum game. Look at what is happening in Zimbabwe! I believe clever people are trying to avoid a Euro crash, and will succeed. But even getting close to a crash is bad.
    When Kohl promised reunification without tax increases, he had to borrow. This drove up interest rates, which damaged the German economy more than if he had increased taxes. GB was committed to currency parity, but did not want to pay such high interest rates. So GB blew all its gold-reserves, before deciding to let the pound devalue. A few people got gold at a good price, but GB became poorer. There was no real crash, but economies suffered. I don’t know what effect this all had on e.g. France.
    It can be argued that reduced consumption will slow the rush towards a real world crash. But it seems that only prosperity gives people the will to address the big problems. Prosperity leads to better education and thus reduces birth rates. Of course China reduced the birth rate without prosperity, but that was largely against the will of the people. (USA is a bit of an exception. They are prosperous enough to do more for the climate etc.).
    (As always, I welcome correction by those who know more).

  2. Ich ergänze klärend:

    Die „Finanzkrise“ kann man mit der „Vogelgrippe“ vergleichen. Die Gefahr von Seuchen gibt es immer. Genauso die Gefahr von Finanzkrisen.

    Ab und zu erkennt man die Bedrohung, Hysterie bricht aus, dann beruhigt sie sich wieder. Die permanente Gefahr ist aber hoch (und sehr schwer einzuschätzen.

    Der Trost ist, dass die vermeintlich notwendigen Gegenmaßnahmen meistens nicht schädlich sind.

    Das Geblöke von der Inflation mag ich auch nicht. Seitdem ich lebe, erlebe ich Inflation, auch heute. Mal mehr, mal weniger. Sei es beim Schwimmbad, in der Kneipe beim Mittagessen, bei den Wohnnebenkosten, sogar bei guten Anzügen und Autos, und besonders bei Fahrrädern 🙂 .

  3. Zu diesem Thema habe ich letztens auch noch einen zwar etwas flapsigen, aber deswegen gewiss nicht weniger wahren Spruch gehört:

    „Dem Geld ist es letztendlich dann egal, wer es hat“

     

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