Was ich nicht mag … #3 Powerpoint-Vorträge usw.

Die ersten Jahre in meinem beruflichen Leben war ich gerne auf Fachtagungen. Anfang der 80iger kann ich mich an eine GI-Jahrestagung in Wien erinnern. Das waren drei schöne Tage, dicht gepackt mit überwiegend guten und interessanten Vorträgen. Später war ich gerne auf Workshops von Universitäten. Und habe dabei oft in wenigen Tagen dank guter Referenten und kleiner Gruppen mehr gelernt denn als Student in einer Semestervorlesung.

Irgendwann ging eine eigenartige Entwicklung los. Die Tagungen vermehrten sich inflationär. Jeder Verband, die meisten Technologieunternehmen aber auch Fachzeitschriften und staatlich geförderte Initiativen meinten plötzlich, sie müssten die Konferenzräume der Hotels dieser Welt mit Kongressen, Fachtagungen und X-days aller Kategorien füllen. X steht für einen beliebigem Fachbegriff.

Immer mehr Hochschulen und Fachbereiche begannen, Seminare zu verschiedensten Themen anzubieten. Roadshows und Hausmessen schossen beliebig aus dem Boden. Und immer war ein Vortragspaket dabei.

Reziprok zur inflationären Zunahme all dieser Veranstaltungen wurden die Vorträge immer schlechter. So entstanden die großen Folien-Schlachten, die die qualifizierte Weitergabe von Wissen ablösten. Und es ging los mit dem freien Fall in die nach unten offene Skala für schlechte Vorträge.

Und immer ist Powerpoint dabei.

Viel zu viele Referenten beten langatmig ihre Botschaften herunter, die im besten Fall kurz und knapp, meistens aber in geschraubtem Deutsch auf ihren schon zigfach recycelten „powerpoints“ stehen. Die aber trotzdem noch ganz offensichtliche Rechtschreibfehler enthalten.

Wild wird zwischen den Folien hin und her gesprungen. Zwischendurch werden verwirrende Zahlenkolonnen im Excel-Look präsentiert, um irgend eine vermeintliche Wahrheit zu untermauern. Der Beamer wird dazu missbraucht, komplizierteste Grafiken auf die Leinwand zu werfen, auf der dann der  Laserpointer wild herumfuhrwerkt.

So schaffen die Referenten es, ganz einfache Dinge auf eindrucksvolle Weise so zu verkomplizieren, dass die verwirrten Zuhörer sich nichts zu sagen trauen. Sie wollen ja nicht als dumm erscheinen. Dabei haben die Referenten sie schon längst für dumm verkauft – mit ihren sich immer ähnelnden Eröffnungsfloskeln und noch dümmeren „Danke für Ihre Aufmerksamkeit“- oder „Noch Fragen?“-Folien, mit denen sie dem Zuhörer klar machen wollen, dass das Leiden zu Ende geht.

Warum mag ich das nicht?

Auf solchen Veranstaltungen langweile mich fast immer. Die Langweile wird aber nach einer gewissen Zeit vom Drang abgelöst, aus dem Vortragsraum zu fliehen. Ich werde aggressiv und bin versucht, den Referenten zu unterbrechen und ihn zu bitten, seinen Vortrag zu beenden oder am besten woanders zu halten (z.B. auf dem Marienplatz), wo niemand gezwungen ist, ihm zuzuhören (ich beschreibe hier die höfliche Variante).

Und wenn ich nach links und rechts blicke, entdecke ich Leidensgenossen. Die bleiben aber alle ganz brav sitzen und tun so, als ob sie zu hören und alles verstehen würden. Das gilt natürlich nicht für die meistens nicht unerhebliche Menge der schon Eingeschlafenen.

Wie gehe ich damit um?

Als Besucher und Zuhörer:

Ich habe es gelernt, auch den verlockendsten Tagungsankündigungen zu widerstehen. Lasse mich auch von Geschenken und freiem Essen und Trinken nicht mehr zur Teilnahme an solchen Veranstaltungen verführen. Und besuche nur noch ganz ausgewählte Tagungen. Die sind selten, aber dann so richtig gut. Sind aber auch Geheimtipps, die ich nur an gute Freunde verrate.

Dort genieße ich wenige aber richtig gute Vorträge. Mit offenen Diskussionen zwischen feinen Menschen, die über Erfahrung, Wissen und Werte verfügen. Und die bereit sind, sich zu öffnen.

Bei solchen Treffen werden die Vorträge in der Regel frei gehalten. Visuelle und haptische Hilfsmittel werden maßvoll eingesetzt, um den roten Faden zu behalten oder besondere Highlights des Vortrages herauszuarbeiten.

Hoffnung auf gute Vorträge besteht auch, wenn in der Einladung Worte wie barcamp, Pecha Kucha oder Open Space stehen. Dann trifft man meistens auf vernünftige Referenten mit kurzweiligen Vorträge zu wichtigen Themen. Und erlebt Diskussionen und Debatten, die lebhaft aber dennoch strukturiert sind. Und profitiert persönlich so richtig von der Teilnahme.

Als Referent:

Ich selbst nutze Powerpoint überhaupt nicht mehr. Bei „wichtigen“ Reden in großen Foren lasse ich mir Hintergrundbilder erstellen – am liebsten vom Johannes, unserem Chefdesigner. Diese nutze ich, um die Botschaft meines Vortrages emotional zu untermalen. In kleinerem Rahmen bereite ich Flipcharts für markante Stellen meines Vortrages vor – oder nutze interaktiv ein Whiteboard oder die gute alte Kreidetafel. Aber immer nur, um die verbal getätigte Aussage zu unterstreichen, zu akzentuieren oder auf den Punkt zu bringen.

Und wenn ich mal einen schlechten Vortrag halte und Quatsch erzähle, dann kann es schon sein, dass ich meine Zuhörer nicht überzeugen kann. Aber gelangweilt habe ich sie meines Wissens noch nie.

RMD

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