Auf solche Gedanken komme ich im Urlaub, wenn ich so ein wenig über mein Leben reflektiere:
Ich bin 1950 geboren. Wir waren eine Generation im Aufbruch. Den Ballast der Nachkriegszeit wollten wir abschütteln. Aber jeden Tag ging es uns materiell immer besser.
Wir waren Idealisten und liebten Utopien. Manche Werte und Meinungen unserer Eltern konnten wir nicht verstehen. So zogen wir uns in verqualmte Kaffees und Kneipen zurück. Bei Rotwein und Bier diskutierten wir über Gott und die Welt, gerne auch mal im Kreis herum. Rothändle und Gauloises waren Ehrensache, Sartre und Camus unsere Lieblingsautoren. Für Barock und Romantik und die Kulturen der Vergangenheit hatten wir wenig bis nichts über.
Von den etablierten Parteien hatten wir schon damals die Nase voll. Und Karl Jaspars, der Anfang der sechziger über die Oligarchie der Parteien als Gefahr für die Demokratie schrieb, sprach uns aus dem Herzen.
Die Sinnlosigkeit des Krieges – nicht nur in Vietnam – war uns ein Gräuel. Der Overkill der Langstreckenraketen mit ihren Atombomben das größtmögliche Maximum an Absurdität. Wir waren Pazifisten. Zwangsdienst und sinnlose Zwänge waren uns zuwider und zur Bundeswehr wollten wir auf keinen Fall.
Von den korrupten Spielen der Wirtschaft hatten wir die Nase genauso voll wie von den Intrigen der „politischen Elite“. Uns war klar, dass – obwohl es uns so wahnsinnig gut ging – alles ziemlich falsch lief – und dass eine neue gesellschaftliche Veränderung überfällig war. In der Tat gab es eine große Sehnsucht nach einem gesellschaftlichen Aufbruch.
Den gewaltsamen Aufstand, wie sie eine Minderheit um Baader und Meinhof probte, lehnten wir ab. Die Mitarbeit als Funktionäre in Parteien war uns zu zweifelhaft. Wir waren zahnlose Tiger, die zwar wussten, was richtig wäre, die aber resignierten und sich für Jahrzehnte der Bürgerlichkeit hingegeben haben.
Aber zumindest haben wir alles hinterfragt. Und hatten immer Zeit für Blödsinn und Spaß am Unsinn. Die Hauptsache war, dass es intellektuell und witzig sein musste.
Deshalb gründeten wir unsere eigene Spaß-Partei, die UPZZDA. Das war die Abkürzung für „Universale Partei Zum Zwecke Der Anarchie“. Irgendwie schien uns die Anarchie noch die beste Art zu sein, dem täglichen Schwachsinn Einhalt bieten zu können. Heute würde ich sagen, dass Anarchie und Evolution zwei Begriffe sind, die irgendwie zusammen gehören. Universal als Anspruch war auch nicht ohne und die Abkürzung UPZZDA klingt ja auch ganz schön.
Zwischendurch haben wir auch eine ganz einfache Philosophie gegründet. Wir nannten sie den „Rondismus„. Sie hatte nur eine Regel. Alles ist rund. Schwer zu widerlegen.
RMD
Those were the days, my friend …
Eine Antwort
Very romantic Roland, but I’m sure there were plenty, even in Germany, who concentrated on school or football, and thought that the politicians knew what they were doing! I find it strange now, when things seem to be going better here than almost anywhere else, that the Germans are so negative about their political system.