Einkommensteuer für Kommunen

Kaum komme ich aus Cardiff zurück, lese ich in der SZ, dass der Finanzminister Wolfgang Schäuble eine kommunale Einkommensteuer plant. Normalerweise nehme ich ja nicht ernst, was alles so an politischen Vorschlägen auf uns herein prasselt. Das ist auch gut so, denn meistens redet ja schon ein paar Tage später keiner mehr über die eben noch mit Herzblut vorgetragenen Vorschläge.

Diesmal habe ich aber so ein Gefühl, dass die kommunale Einkommensteuer durchaus Wirklichkeit werden könnte. Denn die Gemeinden wurden ja finanziell ziemlich vom Bund ausgeblutet bei gleichzeitiger Lastenverschiebung zu ihren Ungunsten. Und da muss sicher etwas getan werden.

Also gehe ich mal davon aus, dass der Vorschlag von Schäuble ernst genommen werden muss und denk mal ein wenig darüber nach.

Ich versuche, an die Sache positiv heranzugehen. Der Vorschlag klingt zuerst ja mal ganz gut, so ein wenig nach einem Schweizer Modell. Die Gemeinden können ihre Einnahmen selbst bestimmen, die Bürger können direkt auf die Steuerpolitik ihrer Kommune reagieren. Dezentralisierung und Subsidiarität finde ich sowieso nicht schlecht.

Dann kommen mir aber die ersten Bedenken. Das Steuermodell der Schweiz ist grundverschieden vom deutschen, irgendwie passt der Vorschlag nicht so Recht ins deutsche Steuerrecht. Ich denke weiter nach.

Wollte die Koalition das Steuersystem nicht einfacher gestalten? Jetzt würde es aber eine Steuer mehr geben. Das erscheint mir nicht als Vereinfachung. Zwei Einkommenssteuern brauchen sicher mehr Administration und mehr Software. Entweder neue dezentrale Systeme – oder zentrale aber mandantenfähige Systeme. Das ist meistens ziemlich aufwendig.

Und wie wird mit dem vielen „Kleingedruckten“ in unserem Steuerrecht umgegangen. Wo kann man z.B. die Pendlerpauschale absetzen? Beim Bund oder bei der Kommune? Oder die Aufwände für vermietetes Eigentum?

Und wie geht man mit den Tricksern um, die einen doppelten Wohnsitz haben? Als zynischer Lösungsvorschlag fällt mir da nur eine permanente Überwachung der Bürger per GPS ein. Vielleicht hilft ja Google?

Und droht da nicht wieder ein Wettlauf zwischen den Kommunen – ähnlich wie bei der Gewerbesteuer. Welche man übrigens nicht zuletzt aus diesen Gründen abschaffen wollte. So ein „Superreicher“, der ein paar Millionen im Jahr verdient, bringt bei 2% Gemeindesteuer mehr als 100 normale Steuerzahler bei 20%. Und

Habe heute aber auch schon gelesen, dass man eine solche Steuer dann auf Kreisebene regulieren müsste. Wahrscheinlich mit Antrags- und Genehmigungsverfahren. Also wieder mal noch mehr Bürokratie. Oder gleich Länder weit. In Bayern wegen der hohen Lebensqualität ein paar Punkte mehr als in Mecklenburg-Vorpommern, oder auch ein paar weniger, weil man ja die reichen Bürger hier haben will?

Steuerpolitik ist ja immer auch „Steuerpolitik“. Oft erreicht man das Gegenteil von dem, was man beabsichtigt hat. Die Folgen sind schwer abzuschätzen. Zu den möglichen Folgen fällt mir ein:

  • Die Zersiedelung nimmt zu?
  • Menschen mit niedrigen Einkommen ziehen in die Städte?
  • Menschen mit hohem Einkommen ziehen noch mehr in die „Speckgürtel“?
  • Reiche Gemeinden werden reicher, arme ärmer?

Jetzt haben wir zwei Möglichkeiten.

Entweder die neue zweite Einkommenssteuer kommt.

Dann ärgere ich mich, denn das ist alles andere als eine Steuerreform im Sinne von Erhöhung von Steuergerechtigkeit und Vereinfachung. Sondern eine verkappte Steuererhöhung, die zudem wieder die Menschen bevorzugt, die in der Lage sind und dazu neigen, ihre Steuern (und auch den Rest) maximal zu optimieren.

Oder sie kommt nicht.

Dann ärgere ich mich, mit welcher Leichtfertigkeit so unausgegorene Vorschläge auch zu so wichtigen Themen immer wieder vorgeschlagen werden. In diesem Fall dann ja nicht einmal von irgendeinem Politiker, der dumm daher schwätzt, sondern vom für die Steuer verantwortlichen Finanzminister persönlich.

Als einziger Trost bleibt mir:

🙂 Ganz gleich ob Politblase oder realer Vorschlag, ich habe zumindest meine „grauen Zellen“ mit dem Thema beschäftigt.

RMD

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