AM ANFANG WAR DAS WORT!

Heutzutage dreht sich alles um Corona. Von Corona habe ich die Nase voll und will dazu nichts mehr schreiben. So versuche ich es heute mit Sprache, besser gesagt mit Worten.
Worte haben verschiedene Endungen. Worte mit „ismus“ am Ende sollen einen misstrauisch machen. Worte mit der Endung ****ung soll man vermeiden. Beides habe ich im Deutschunterreicht gelernt.
Worte, die auf heit“ und „keit“ enden, sind offensichtlich etwas besonderes. Das finde ich spannend. Heute beschäftige ich mich mit den „heits“.


Ich sammele zuerst Begriffe, die auf „heit“ enden. Es sind meistens kurze Worte, die aus nur zwei bis drei Silben bestehen. Ich liste mal ein paar auf, die mir schnell einfallen und markiere davon ein paar rot. Mit denen werde ich mich im Artikel intensiver beschäftigen.

•• Allgemeinheit • Besonderheit • Bescheidenheit • Bosheit •• Dummheit •• Einfachheit •• Faulheit • Frechheit • Freiheit • Fremdheit •  Gemeinheit •• Gesundheit • Gewissheit •• Hässlichkeit •• Klarheit •  Klugheit • Kühnheit •• Mehrheit •• Neuheit •• Rohheit •• Seltenheit • Schlichtheit • Schönheit • Sicherheit •• Wahrheit • Weisheit • Wildheit • Zufriedenheit ••

Oft lässt sich das Gegenteil leicht bilden, in dem man ein „Un“ vorne an das „heit-wort“ anfügt. So entstehen Unbescheidenheit, Unfreiheit, Unklarheit, Unwahrheit, Unzufriedenheit … Bei dem Versuch einer Definition hilft das aber nicht weiter. Was sagt uns z.B. der Satz „Unfreiheit ist das Gegenteil von Freiheit“? Er hilft bei der Definition nicht weiter.

All diese „heit“-Worte sind essentiell wichtige Begriffe, die eine Gemeinsamkeit haben. Sie beschreiben etwas Abstraktes, das man nicht anfassen kann. Man hat aber immer ein eindeutiges „Gefühl“, für was sie stehen. So scheint Bedeutung scheint immer sehr klar zu sein.
Diese Worte beschreiben immer etwas Wichtiges, dass ein breites Spektrums unseres indivuellen und kollektiven Leben beschreibt. Und jeder von uns hat bei diesen Worten eine ziemlich eindeutige Vorstellung, die ihm meistens sehr wichtig ist. So streitet man trefflich und leidenschaftlich über die Bedeutung dieser Begriffe.
Man kann sie wohl am besten mit Metapher oder Mitteln der Kunst beschreiben, vielleicht durch ein Gemälde oder ein Musik-Stück. Die Einordnung fällt oft schwer oder ist unmöglich.

Das will ich am Beispiel der roten Begriffe diskutieren.

Freiheit

Freiheit ist ein treffliches Beispiel für das oben Gesagte. Die Freiheit war für mich immer etwas Rätselhaftes und ist hier im Blog ein großes Thema. Ich habe viele Artikel zur Freiheit geschrieben. Ich habe Definitionen für Freiheit gesammelt und immer wieder neue gefunden. Und weiß bis heute noch nicht, was Freiheit ist.
Ein Beispiel:
Bin ich frei, wenn ich alles habe oder erst dann, wenn ich alles verloren habe?

Sicherheit

Ist Sicherheit ein Gegenteil von Freiheit? Also ein Synonym für „Unfreiheit„? Eine schwere Frage. Ich versuche diese Frage mit folgendem Zitat zu beantworten. Damit ist meines Erachtens alles gesagt.


» Jene, die grundlegende Freiheit aufgeben würden, um eine geringe vorübergehende Sicherheit zu erwerben, verdienen weder Freiheit noch Sicherheit. «

Benjamin Franklin

» Those who would give up essential Liberty, to purchase a little temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety. «

Laut wikiquote stammt dieses Zitat tatsächlich von Benjamin Franklin. Ich füge dem nichts mehr hinzu!


Wahrheit

Dieser Begriff beschäftigt mich zurzeit sehr. Ich nehme zurzeit wahr, dass mächtige und ohnmächtige Menschen sich im Besitze der Wahrheit wähnen. Relevante Entscheidungen durch die Mächtigen basieren oft auf ihren fragwürdigen Gewissheiten. Die Ohnmächtigen haben genauso fragwürdige Gewissheiten und wehren sich mit unsinnigen Verschwörungstheorien. Ich sage es mal ganz flach: Die einen entscheiden Unsinn und die anderen reden Unsinn. Beide sind im Besitz der Wahrheit, beides macht mir Angst. Deshalb beschäftige ich mich in diesem Artikel mit der Wahrheit ein wenig ausführlicher.

Jürgen Habermas hat den „redlichen Diskurs“ als EINEN Weg beschrieben, um Wahrheit zu finden. Für ihn gilt sinngemäß, dass
„Wahrheit die Summe der richtigen Beobachtungen“
ist. Damit war ich einverstanden.
Dann aber kamen Zweifel. Wer entscheidet denn, welche Beobachtung richtig ist? Und welche Beobachtung ist falsch? Wäre es dann nicht besser,
„Wahrheit als die Summe aller Beobachtungen“
zu definieren. Mit „aller“ meine ich sowohl die richtigen und die falschen Beobachtungen“, aber auch die, bei denen man nicht entscheiden kann, ob sie richtig oder falsch sind.

Mit der Wahrheit ist es an sich schwierig. Mein Lehrers Rupert Lay hat gesagt:
Die meisten Menschen verwechseln Wahrheit mit ihren Gewissheiten“
So wird es noch schwieriger. Wo hören Gewissheiten auf, wo beginnt die Wahrheit? Weitere Fragen stellen sich mir:
Gibt es nur eine Wahrheit, oder gibt es derer mehrere, die sich widersprechen können?
Kann Wahrheit wirklich etwas Objektives sein oder bleibt auch sie immer subjektiv?
Kann Wahrheit nur in einer transparenten Welt existieren?
Und was hat Wahrheit mit Klarheit zu tun? Ist eine große Klarheit nicht auch eine Art von Wahrheit?
Basiert Wahrheit nicht immer auf Beobachtungen, Wahrnehmungen und Überzeugungen? Oder wird sie gelegentlich erfunden?
Was hat Wahrheit mit Wirklichkeit zu tun?
Ist Wahrheit eine Voraussetzung für Führung und Fokussierung? Und welche Rolle spielen bei der Findung von Wahrheit Annahmen, Glaube und Wissen?

Zusammen gefaßt: Mich stört der binäre Code der Wahrheit, der uns suggeriert, es gäbe eine Welt, die aus einem „Entweder/Oder“ besteht. Ich erlebe dagegen eine Welt der „Vielfalt“, die mir in ihrer Buntheit lieber ist als eine schwarzweiße.

Klarheit

Ich wollte immer ein guter Unternehmer und Manager sein. So habe ich einen Freund von mir gebeten, mir zu sagen, was das Wichtigste bei dem schwierigen Thema „Führung“. Er hat länger nachgedacht und mir gesagt:
„Es braucht Klarheit!“

Das habe ich verstanden. Und versucht, mich immer an diese Empfehlung zu halten. Heute denke ich, dass konsequenteTransparenz und lebendige Kommunikation die Pfeiler von Klarheit sind.

Ich war von Klarheit so begeistert, dass ich versucht habe, den Begriff im Herbst 2008 in Wikipedia einzubringen. Und da es viele Klarheiten gibt, habe ich mich auf die Klarheit im philosophisch-unternehmerischen Kontext fokussiert. Und habe gemeinsam mit einem Philosophenfreund einen Basis-Artikel formuliert und in Wikipedia eingestellt. Aber denkste – der Artikel war innerhalb von wenigen Minuten gelöscht – wegen mangelnder Relevanz. Ein Wikipedia-Kollege kam mir zu Hilfe, hat den Artikel zur Klarheit verbessert und für seine Aufnahme plädiert. So blieb er erhalten, auf der dazugehörige Diskussionsseite kann man die Entwicklung des Artikels verfolgen.
Wie schwer der Begriff Klarheit ist, belegt auch, dass der Artikel auch heute (2021) noch in Wikipedia den Vermerk hat
Dieser Artikel oder Abschnitt bedarf einer Überarbeitung …“

Verlassen wir das Thema Wikipedia und kehren wir zur Klarheit zrücku

Friedrich Wilhelm Schelling

Ich habe mal durch Zufall ein paar Zeilen von Friedrich Wilhelm Schelling gefunden:

Der ist beglückt,
der sein darf was er ist,
der Bahn und Ziel
mit eignem Auge misst.

Der bayerische König Maximilian der II  soll ihm auf seinem Grabstein die Inschrift
„Dem ersten Denker Deutschlands“ (!) gravieren haben lassen.

Das Gedicht oben macht eine besondere Freiheit klar. Es könnte eine weitere Definition von Freiheit sein. Es zeigt aber auch, dass es ein hohes Maß von Klarheit bedarf, um frei sein zu können. Und ich meine, dass es ein kurzes Gedicht ist, das uns mit wenigen Worten vermittelt, wie Klarheit ausschauen kann.

Anmerkung:
Der bayerische König Maximilian, der II. hat auf Schellings Grabstein die Inschrift „Dem ersten Denker Deutschlands“ gravieren lassen.


Soweit meine Betrachtung zu den wichtigen Begriffen, die mit „heit“ enden. Ich höre auf, obwohl ich zu jedem gelisteten „heitwort“ einiges schreiben könnte. Und die Liste oben ist bei weitem nicht vollständig.

Aber vielleicht schreibe ich demnächst mal über die Keitworte. Dazu habe ich schon ein paar gesammelt:
Abhängigkeit, Ehrlichkeit, Feindseligkeit, Freundlichkeit, Gemütlichkeit, Großzügigkeit, Gültigkeit, Leichtigkeit, Menschlichkeit, Redlichkeit, Verständlichkeit, Wahrhaftigkeit, Weitläufigkeit, Unabhängigkeit, Unredlichkeit, Zaghaftigkeit, Zuverlässigkeit …

Nicht nur die ersten drei finde hier schon mal sehr spannend …

RMD

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